Casio, Geigen und Bier


Seit ein paar Tagen ist das neue Album der Kooks im Kasten. Wir haben sie im Studio in London besucht und hörten Ohrenbetäubendes.

Jedesmal wenn Luke Pitchard einen Rohling einlegt, quietscht das CD-Deck ohrenbetäubend. Ein unangenehmes Geräusch, aber wir nehmen es in Kauf, denn: Auf den vielen unbeschrifteten Rohlingen, die hier irgendwo zwischen Zetteln, Kabeln und leeren Bierflaschen herumfliegen, sind die Ergebnisse von sieben Wochen Studioarbeit versammelt. Wir sitzen im Aufnahmeraum der Konk-Studios im Norden Londons. Hier spielen The Kooks erstmals ihr zweites Album vor, das im April erscheinen soll. Sie tun das ein wenig lustlos; Interviewtage finden sie anstrengend, und dementsprechend lahm lässt es sich an. Nach zähem Blabla-Geplänkel zu Beginn – Luke: „I think we’ve done a brilliant album, we’ve done a great record“ usw. – legt der Tote-Rock-Ikonen-Lookalike endlich den ersten Rohling ein. Es quietscht, er dreht einige Knöpfe am Mischpult, und aus den überdimensional großen Lautsprechern erschallt der erste Song. Luke und Hugh Harris (der Gittarist; Bassist Max Rafferty und Drummer Paul Garred sind schon in die Ferien gefahren) grinsen sich an; wir hören gespannt zu und sind ein wenig überrascht: „Vicious Dear“ ist ein zurückgelehnter Westcoast-Popsong mit Slidegitarre, Off-Beat in der Strophe und Kooks-typischem Refrain; Lukes Stimme steht deutlich im Vordergrund, nicht mehrstimmig wie auf dem Erstling Inside in/ inside out, sondern klar und viel direkter. Luke schiebt den zweiten Song hinterher: „One Last Time“, eine schlichte Ballade mit tieftraurigem Text über die erste große (verflossene) Liebe „anders als alles, was wir bisher gemacht haben“ (Hugh). Direkt auf die neuen Songs angesprochen, tauen die beiden zusehends auf. Luke geht Bier holen; in der Folge entwickelt sich ein lebhaftes Gespräch (nicht nur) über die neue Platte, in dessen Verlauf die beiden uns mit fast kindlicher Begeisterung viel mehr vorspielen als zuvor angekündigt. Es stellt sich raus: Das neue Material erkennt man sofort als Kooks-Musik, es ist aber oft schlichter, manchmal langsamer; der Gesang steht viel mehr im Zentrum als früher. „Ich singe voller, das stimmt“, sinniert Luke. „Liegt vielleicht daran, dass ich heute einfach besser singen kann.“ Im groovenden „Brooklyn“ taucht auf einmal ein Casio-Keyboard auf: „Wir probieren nicht großartig mit elektronischen Sachen herum, aber Tony Hoffer, unser Produzent, hat uns bestärkt, andere Sounds auszuprobieren“, sagt Hugh und Luke fügt hinzu: „Wie zum Beispiel: Streicher.“ Obwohl wir sie bedrängen: den Song mit letzteren halten sie noch geheim. Dafür spielen sie die mögliche Single, die wie eine dreckige Fortsetzung von „Eddie’s Gun“ klingt. Währenddessen boxt uns ein grinsender Hugh in die Seite und sagt: „This is good, isn’t it?“ Man weiß nicht genau, was er meint – das Bier, die neuen Songs, das Leben an sich? -, aber dass er Recht hat, das ist irgendwie zu spüren.

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