Cate Brothers – Zehn Jahre auf der Reservebank
Ihre Erfahrungen reichen aus, um vier bis fünf kurzlebige Senkrechtstarter mit genügend krisenfestem Know How auszustatten. Trotzdem: Als die Brüder Earl und Ernie Cate im Oktober des vergangenen Jahres Poco auf ihrer Deutschland-Tour begleiteten, hatten sie hierzulande mit Macht den Status eines Insider-Tips erreicht. Die stämmigen Country-Soul-Zwillinge, 34 Jahre alt, haben, was ihre Karriere betrifft, jedoch die Ruhe weg. Seit zwölf Jahren sind sie im Geschäft. Und fast ebenso lange hat es gedauert, bis sie ein Plattenvertrag aus den verräucherten Kneipen von Arkansas holte.
Die Musik der Cate Brothers hat sich in all den Jahren kaum verändert. Wer meint, die Songs ihrer beiden LP’s seien brandneu, der irrt gewaltig. Das Material ist zum Teil schon acht Jahre alt. Früher, als sie noch bei den örtlichen Tanzfesten in Fayetteville die Songs der Soul-Größen wie Wilson Picket, Otis Redding, Sam & Dave oder Eddie Floyd brachten, erarbeiteten sie sich die Basis für ihr eigenes Repertoire. Die Idole und Vorbilder der frühen Tage stecken noch heute in jeder Cate-Komposition. Kombiniert mit Country-Elementen, ergibt dies eine Originalität, die dem amerikanischen Musik-Konsumenten komischerweise erst im Jahre 75 in Form der Single „Union Man“ so richtig aufging.
Der „Union Man“ ist ein Track ihrer ersten LP „Cate Brothers“ und hatte, als er im Herbst ’75 in den US-Charts auftauchte, bereits sechs Jahre auf dem Buckel. Steve Cropper ist der Produzent der Cate Brothers-Alben. Cropper, lange Zeit als Gitarrist und Arrangeur bei den legendären MG’s (von Booker T.) und Betreuer fast aller Stax-Künstler, führte Regie bei Soul-Klassikern wie „Green Onions“, „Knock On Wood“, „Dock Of The Bay“ oder „Mustang Sally“. In derselben Form produzierte er auch die Cate Brothers. Um die Aufnahmen so problemlos wie möglich zu gestalten,warf er erst einmal sämtliche Bandmitglieder – bis auf Ernie und Earl natürlich – hinaus und setzte Sessionmusiker ein. Das mag brutal klingen, brachte dafür aber den Brüdern schon für ihr Erstlingswerk positive Resonanz ein. Der „Rolling Stone“ sprach von der „besten Südstaaten-Band des Jahres“ und von einer „neu erblühten Southern-Sensibilität“.
Das Zusammentreffen mit Steve Cropper verdanken die Zwillinge übrigens dem Onkel ihres Schlagzeugers Terry Cagle. Der Onkel heißt Levon Helm, trommelt bei der „Band“ und fand den Cate-Haufen, der damals noch durch die Provinz-Nester tingelte, ganz originell. Ende der sechziger Jahre stieg er sogar für kurze Zeit bei den Cates ein. Irgendwann nahm er mal einige Bänder mit nach Los Angeles, spielte sie einigen Freunden vor und fand sogar ein akzeptables Management. Die Unterschrift unter den Vertrag bei Asylum Records soll nur noch eine Formsache gewesen sein. Erstaunlich, daß die Cate-Brüder gerade bei dieser Company Erfolg hatten, da man sich hier bisher auf Country-Rock spezialisiert hatte. Die Cate Brothers waren somit die erste schwarz-klingende Gruppe dieses Labels.
Mitterweile gibt es ein zweites Album der Country-Soul-Truppe: „In One Eye And Out The Other“. Es befaßt sich in erster Linie mit der Problematik ihres On The Road-Daseins: Wenn man laufend auf Tournee ist, findet man eben selten die Gelegenheit über das romatische Farmleben zu schreiben oder über alte Erinnerungen an Fayetteville nachzudenken.
Das lange Warten auf den Erfolg war für die Brüder nicht unbedingt von Nachteil. Wer als Voll-Profi ins Geschäft einsteigt, hat länger etwas davon. Und Ernie hat auch eine einleuchtende Erklärung für die lange Leitung: „Als wir anfingen, Rhythm’n Blues zu spielen, verlor diese Musikrichtung gerade an Popularität, weil die Heavy-Bands einmarschierten. Es war halt die falsche Zeit für uns. Aber jetzt kommt der R&B zurück – und schon läuft die Sache!“