Christian Ulmen über Musikunterricht


Der Fernseh- und Kinowelt ist Christian Ulmen längst als Verwandlungskünstler bekannt, der gerne in absurde Rollen schlüpft. In seinem neuen Kinofilm "Jonas - Stell dir vor, es ist Schule und du musst wieder hin!" wird er wieder zum Schüler, der zwar kein Händchen für Mathematik, aber umso mehr für Musik hat.

Sie haben die Schule einmal als Ihren persönlichen Albtraum bezeichnet. Konnte die Musik Sie retten?

Musik vielleicht, Musikunterricht eher nicht. In meinem Fall war das jedenfalls so. Mir hat das Schulfach Musik beinahe das Spielen in unserer Schülerband vermiest, weil ich nach der siebten Fünf im Notendiktat irgendwann auch glaubte, ich sei unmusikalisch und es stünde mir nicht zu, irgendein Instrument auch nur anzufassen. Eine Vier in Musik fühlte sich so an, als habe ich gar keine Legitimation, Musik zu machen.

Sind Sie während des Unterrichts denn an Ihre Grenzen gestoßen?

Musik war eben ein sehr theoretisches Fach. Transponieren, Harmonien bilden – und all das auf dem Papier. Das war immer sehr weit weg von meinem persönlichen Musik-Erleben, nämlich mit Freunden im Proberaum Akkorde raushören, Schlagzeug spielen, nächtelang üben, ohne auch nur eine Note lesen zu können. Mit dem, was man für Notendiktate brauchte, hatte das nichts zu tun. Und weil ich ziemlich faul war, war der schulische Musikunterricht eher nichts für mich.

Im Film haben Sie vor allem in Mathe ihre Probleme. So müssen Sie an der Tafel den Logarithmus vorrechnen und werden vom Lehrer vor der Klasse bloßgestellt. Ist Ihnen etwas ähnlich Peinliches auch in Musik passiert, beim Vorsingen zum Beispiel?

Komischerweise war mir Vorsingen nie peinlich. Vielleicht lag es daran, dass ich die Musiklehrerin nie besonders ernst nahm. Ich habe mir daraus eher einen Spaß gemacht und das vorzutragende Lied meistens übertrieben und viel zu laut gesungen. Die Lehrerin hat diesen ironischen Anstrich aber offenbar nie bemerkt.

Hatten Sie außerhalb der Schule privaten Musikunterricht?

Ich war eher Autodidakt. Ich habe mich mit Freunden getroffen, die Gitarre spielen konnten, und die brachten mir Akkorde bei. Das machte mir Spaß, und dadurch hat es sich auch nicht wie Lernen angefühlt. Ich wollte mitmachen können! Also haben wir eben 20 000 Mal „Knockin‘ On Heaven’s Door“ gespielt. Das waren drei Akkorde, und die habe ich irgendwann kapiert. Danach kamen weitere dazu.

Wie könnte man mehr Spaß in das Unterrichtsfach Musik bringen?

Wenn ich gefragt würde, würde ich beinahe dafür plädieren, Musik als Unterrichtsfach abzuschaffen. Oder zumindest auf die Benotung zu verzichten. In solchen Fächern müssen die Schüler vom Leistungsdruck befreit werden. Das hat mit Sinnlichkeit, Leidenschaft, Gefühl zu tun. Die Theorie eignet man sich doch ganz automatisch an, wenn die Lust und der Spaß stark genug sind. Einen musikalisch Unbegabten zum Notendiktat zu zwingen, ist genau so unfair, wie den Leuten, die Musik gern haben, mit Fünfen und Sechsen die Lust daran zu nehmen.

Haben Sie sich jemals gegen diese Art der Bewertung aufgelehnt?

Nein. Es ist doch so ähnlich wie beim Fußball. Da wird wie wild diskutiert, wenn der Schiedsrichter einen Elfmeter pfeift oder die Gelbe Karte zückt – das hat aber noch nie irgendwas gebracht. Weder Schiris noch Lehrer lassen da mit sich reden. Sonst würden sie ihre eigene Autorität untergraben. Deswegen habe ich auch früh resigniert, was das angeht. Ich dachte mir eher: „Okay, gib mir die Fünf. Ich mache dann heute Nachmittag das, worauf ich Lust habe.“

Wenn Sie die Chance hätten, bei einem Musiker privaten Nachhilfe-Unterricht zu nehmen, wen hätten Sie gerne an Ihrer Seite?

Slash! Er ist der melodiöseste Gitarrist, den es je gab. Vielleicht noch Craig Ross (- Anm. d. Red.: US-Gitarrist, der vor allem für seine Zusammenarbeit mit Lenny Kravitz bekannt ist). Ich würde gerne von ihnen lernen, wie man Soli spielt. Das habe ich noch nie gekonnt.

Christian Ulmen, 1975 geboren, fing Mitte der 90er als Moderator bei MTV Europe an. Später bewies er sein Schauspieltalent in Fernsehsendungen wie „Unter Ulmen“ und „Mein neuer Freund“. Im Kinofilm „Herr Lehmann“ spielte er 2003 seine erste Hauptrolle. Heute besitzt er seine eigene Produktionsfirma „Ulmen Television“. Der aktuelle Film „Jonas – Stell dir vor, es ist Schule und du musst wieder hin!“ startet am 5. Januar.