Craig Armstrong: London, Barbican


Der scheue Soundtrack-Magier wagt sich ausnahmsweise selbst ins Rampenlicht.

In der ambitionierte Reihe „Only Connect“ des „Barbican“ finden keine gewöhnlichen Konzerte statt. Marianne Faithfull zum Beispiel stellte in dem Londoner Kulturtempel samt Gästen wie Jarvis Cocker und Will Oldham ihr Album „Kissin‘ Time“ vor, Damon Albarn brachte hier seine „Mali Music“ zu Gehör. Das ideale Umfeld also für Craig Armstrongs ehrgeiziges Projekt, seine Kompositionen aus den Scores zu „Romeo und Julia“, „Plunkett and MacLeane“ und „Moulin Rouge“ sowie Stücke aus seinen Alben „The Space Between Us‘ und „As If To Nothing live umzusetzen. Dafür hat der Mann aus Glasgow nicht nur eine sechsköpfige Band um sich geschart, sondern gleich noch das namhafte London Sinfonietta und die Metro Voices, einen renommierten Chor, engagiert. Ein ganz besonderer Event. Dementsprechend nervös ist Armstrong auch, selbst in den wenigen kurzen Ansagen verhaspelt er sich, einmal vergisst er sogar den Titel eines Songs. Das Zusammenspiel zwischen Orchester, Band und Komponist klappt dafür umso besser, auch der Sound ist beeindruckend. Zu keinem Zeitpunkt drängen E-Gitarre, Schlagzeug und Bass die Streicher in den Hintergrund, nie dominiert Armstrong am Flügel und an den zwei

Keyboards. Auch die zahlreichen Gaststimmen fügen sich perfekt in das komplexe, dennoch erstaunlich homogene Klangbild ein. Den größten Applaus erntet erwartungsgemäß Evan Dando. Der ehemalige Lemonhead macht einen fitten Eindruck, scheint – soweit man das auf die Ferne beurteilen kann – seine Drogenprobleme überwunden zu haben. Er ist nur für einen Song eigens aus Amerika angereist, aber das melancholische „Wake Up In New York“ bildet zweifelsohne einen der Höhepunkte an diesem Abend. Für den anderen sorgt der überragende David McAlmont, seine herzzerreißende Interpretation von „One Day I’ll Fly Away aus dem „Moulin Rouge-Soundtrack ist nicht von dieser Welt. Auf andere Art faszinierend: die sehr seltsame Antye Greie-Fuchs, Sängerin der Berliner Band Laub, die mit monotoner Stimme Computersymbole von ihrem Laptop abliest und glauben macht, dass man sich auf der Documenta befindet. Die Sopranistin Katherine Bott holt einen wieder in die Bildungsbürger-Atmosphäre des „Barbican“ zurück. Selbst „Weather Storm“ aus Armstrongs Debütalbum, den meisten besser bekannt aus Massive Attacks „Protection“, wirkt hier plötzlich wie ein Stück moderner Klassik.

www.craigarmstrong.com