Cream
Erfreuliche Methusaleme: Das erste gemeinsame Konzert der Veteranen seit 37 Jahren endet mit gefühligen Szenen.
Am Ende hat der Mann tatsächlich Tränen in den Augen – von soviel herzlicher und dankbarer Wiedersehensfreude ist Altmeister Eric Clapton (60) sichtbar gerührt. Zum xten Mal schon springen die fünftausend in der ehrwürdigen Royal Albert Hall von ihren Sitzen auf und jubeln den drei recht reifen Herren zu. Die stehen vorn an der Bühnenkante und nehmen die Ovalionen ein wenig verlegen, aber höchst zufrieden entgegen. Zwei Stunden lang haben sie das getan, was jedem einzelnen von ihnen vor bald vierzig Jahren – ja, das ist eine lange Zeit, sogar im Bluesrock – ewigen Popruhm brachte. Zelebriert haben sie die alten Schlachtrösser aus dem Cream-Repertoire, das bitterböse „Politician“, das grandiose „White Room“, gleich zu Beginn „I’m So Glad“. den furiosen Harp-Bluesrock von „Rollin‘ And Tumblin“, das verhältnismäßig poppige „Badge“ oder das düstere „We’re Going Wrong“. Und sehr schneit haben sie es den Zweiflern gezeigt: Ja, die alte Chemie funktioniert tatsächlich noch.
Nein, an Power mangelt es ganz und gar nicht, auch von der Arthritis des immerhin 65-jährigen Ginger Baker ist heute – zumindest für den Zuhörer – nichts zu merken. Im Gegenteil, wie einst unterfüttert der schlaksige Lulatsch mit polyrhythmischen Schlagwettern die solistischen Ausflüge der Kollegen, avanciert beim „Toad“-Solo gar zum heimlichen Star des Abends. Und ja doch, Jack Bruce (62) wirkt nach seiner Lebertransplantation zwar angeschlagen, die vier Saiten des Basses aber weiß er noch immer effizient wie wenige zu bedienen. Allerdings gibt es auch Unterschiede zu den Tagen, da dieses Trio mit Hirn, Herz und Können die engen Grenzen des Britblues einriß. Was einst mitunter ungestüm, gelegentlich ziellos und fast immer brodelnd, glühend wie ein Sound gewordener Lavastrom von der Bühne wogte, kommt heute kontrollierter, entschlackter und leichtfüßiger.
Kein Wunder, zwischen der Bilderstürmerei von einst und dem überzeugenden Comeback hier liegt schließlich ein ganzes Leben. Symptomatisch „Crossroads“: Claptons Spiel zeugt – wie auch? – kaum noch von den quälenden Selbstzweifeln des jungen Gitarrengenies, stattdessen wirkt der Song hier und heute geradezu entspannt. Das Ende, wie gesagt, ist pure Harmonie. Die alten Kriegsbeile sind lange begraben, und für alle drei – besonders für Clapton, der nach zwischenzeitlichen Pop-Irrwegen im Herbst seiner Karriere immer tiefer in den Blues einzutauchen scheint – schließt sich ein Kreis. Ob die Konzertserie über die obligatorische Vermarktung als DVD hinaus Folgen haben wird, bleibt offen. Sicher ist: Dies ist ein Methusalem-Komplott der erfreulichen Sorte.
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