Crusaders – Zwischen Jazz und Soul
Wilton Felder, Joe Sample und Stix Hooper zeichnen für gut zweihundert „Goldene“ Schallplatten verantwortlich, einen nicht geringen Teil davon spielten sie als Crusaders ein. Ihr Jazz-Funk-Bebop-Rock‘ (Zitat NME) ist bis heute unerreicht und in Hamburg überzeugte sich Michael Henkels davon…
Natürlich war ihr Kreuzzug in’s gelobte Umsatzland kein Spaziergang. Als sie, noch Studenten, an der Texas Southern University begannen, nannten sie sich „Modern Jazz Sextett“. Dann wechselten sie, nachdem Flötist Hubert Laws für eine eigene Weltkarriere ausgestiegen war, nach Los Angeles und tingelten als „Nite Hawks“ durch die Clubs. Der Frust kam schnell, und die vier – damals war noch Posaunist Wayne Henderson dabei – gingen eigene Wege: Stix Hooper spielte mit George Shearing, Henderson war bei Hugh Masekela zu hören, Wilton Felder tauchte neben Dizzy Gillespie auf, und Joe Sample, den Mahalia Jackson einmal den „besten Gospel-Pianisten der Welt“ nannte, arbeitete u.a. mit Quincy Jones, Sarah Vaughn und Carmen McRae.
Hatten sie in Jazzkreisen früh einen guten Namen, so avancierten Felder & Co. auch in den amerikanischen Studios zur Spitzenklasse. Wenn heute ihre Plattenfirma tönt, mit ihnen stünden rund 200 Goldene Schallplatten auf der Bühne, so geht das in Ordnung. Mehr als ein Dutzend gehen auf das Konto der Crusaders als Gruppe oder als Plattenkünstler eigener Statur, die anderen stammen von Topalben der Jackson Five, Marvic Gayes, Joni Mitchells oder Joan Baez, für die die Crusaders Takt und Ton lieferten. In den letzten Jahren gab es nicht eine Woche, in der nicht bei einem der amerikanischen Top-10-Alben mindestens ein Crusader dabei gewesen wäre. Anfang der 60er nannten sie sich „Jazz Crusaders“, spielten für „Pacific Jazz“ und „World Pacific“ siebzehn LPs ein – und setzten sich zwischen alle Stühle. Denn Jazzern war die glasklare R&B-Basis suspekt, und das damalige Rockpublikum verzog schon die Miene, wenn einer nur von Jazz sprach. 1970 verzichteten sie auf das „Jazz“, und als The Crusaders bereiteten sie in den folgenden Jahren den Boden für alle Jazzrock- und ähnliche Zwitter vor, die, angefangen bei Herbie Hancock bis zur Average White Band, später dickes Geld einbrachten. Um die Kollegen vom „New Musical Express“ zu zitieren: „Wenn es darum geht, jazz“ funk be-bop rock zu pumpen, der in solide Rhythm & Blues-Scheiben geschnitten und mit einer Prise ocean blues serviert wird, dann sind The Crusaders klipp und klar die besten und ohne Konkurrenz. Es gibt nichts und niemanden, der ihnen den Rang streitig machen könnte.“ Die Vorwürfe, sie hätten die eine oder andere Musikrichtung zugunsten des blanken Kommerz verraten, läßt Wilton Felder auch heute kalt. „Was können wir dafür, wenn sich der Trend unserer Musik genähert hat meinte er in Hamburg. „Wir haben uns nicht geändert, aber die anderen.“ Ihr unverkennbares Markenzeichen präsentierten sie auch beim diesjährigen Kurzgastspiel in Deutschland. Der Gefahr, als Trio zu langweilen, entgingen sie erneut durch hervorragende Mitspieler. War es im letzten Jahr Percussionist Airto Moreira, der für zusätzlichen Dampf sorgte, so hatten The Crusaders jetzt mit Pete Jones endlich eine überzeugende Lösung ihres alten Bassisten-Problems parat. Rhythmusgitarrist Roy Ganes, der wie der ältere.Bruder von Eric Gale aussieht, erwies sich mit einem soliden Solo und Unisono-Gesang keineswegs als graue Maus im Hintergrund. Der schillernde Schmetterling aber war Gitarrist Barry Finerty, der schon früher bei den Crusaders aushalf und durch Palmers PM Band bekannt sein sollte. Wilton Felder überließ ihm die Mehrzahl der Soli, und der Youngster bewies mit wirksamer Mimik, daß es sehr wohl Jazzrock auf der Gitarre geben kann, der weder in Formeln erstickt, noch die Bluestradition verleugnet. Schließlich schüttelten die beiden Gitarristen eine Lektion Handwerk mit begeisternden Call & Response-Soli aus den Saiten.
Die Crusaders erwiesen sich als routinierte und dennoch begeisternde Einheit. Solistisch hielt sich Wilton Felder zurück, Joe Sample tracktierte überflüssigerweise mit dem harten, für sein E-Piano brauchbaren Anschlag einen Steinway, und Stix Hooper wollte als guter Drummer beweisen, daß er noch viel mehr kann. Doch sein spotbegleitetes, zerfahrenes Gewitter war Show und kein Solo.
Randy Crawford als Special Guest, die dem Crusaders-Album STREET LIVE internationale Bekanntheit verdankt, kam diesmal mit einer eigenen Band. So angenehm deren dienende Rolle als Begleitband ohne jeden solistischen Exhibitionismus auffiel, so wenig konnte die schwarze Sängerin mitreißen. Offenbar indisponiert, beschränkte sie sich wie im letzten Jahr auf Nightclub-Funk. Durch das Cheese-Lächeln und starre Gesten blitzten aber dennoch dynamische Nuancen und die hohe Schule amerikanischer Gospel-Chöre auf, die in der Zukunft noch mehr von Miß Crawford hoffen lassen.
„Street Life“ selbst sang sie nicht mit, dafür lockte Wilton Felder zwei Jungs aus dem Publikum vor’s Mikrofon. Auch die publikumswirkende Show beherrschen die Kreuzritter zwischen Jazz und Soul.