Culture Club
Prince und Bruce hatten auch in Philly ihre Spuren hinterlassen: Der Karten Vorverkauf lief vergleichsweise schleppend. Vergleichsweise. Denn letztlich waren es doch 17000 Kids, die nochmals 15 Dollar und mehr von Daddy loseisten und so Philadelphias Super-Arena fast vollständig füllten.
Boy George bei seiner allabendlichen Routine zu beobachten, ist etwa so, als würde man Nikolaus auf seinen weihnachtlichen Streifzügen begleiten: Strahlende Gesichter pflastern seinen Weg.
Als er vor dem Konzert die Gewinner eines Boy George-Wettbewerbes zu begrüßen hat, die aus dem gesamten Mittelwesten nach Philadelphia geflogen wurden, tut er das mit einer Liebenswürdigkeit, die man unter vergleichbaren Umständen selten sieht: Hier ein Polaroid fürs Pickelface aus Pittsburgh, dort ein Küßchen für die mollige Mami aus Minneapolis. Prince Charming himself.
Das gleiche Bild auf der Bühne: Die Chutzpe. mit der er seine Botschaft von Frieden, Freude, Eierkuchen an den Mann bringt, ist einfach so ansteckend, daß man ringsum nur in zufriedene Gesichter blickt; das vierjährige Mädchen neben dem schwarzledernen Bullen, der bärtige Biker neben der farbigen Mutti all love & peace & harmony.
Die musikalische Seite tritt hinter soviel humanitärem Goodwill fast schon zurück. Die emeinhalbstündige Show hat allerdings deutlich mehr Drive und Dramatik als die Gigs der letztjährigen Deutschland-Tournee: Drei Bläser, ein Keyboarder und zwei gospelnde Girls (Für die ausgeschiedene Helen Terry) sorgen neben dem eigentlichen Culture Club dafür, daß die musikalischen Erwartungen angemessen erfüllt werden; eine riesige Leinwand, hervorragend gefüttert von vier tragbaren Videokameras, liefert die optische Ergänzung – und der Boy selbst, gekleidet wie ein verschmitzter Haremswächter aus Tausendundeiner Nacht, tut ein übriges, um dieses Konzert zu einer Party für große und kleine Kinder zu machen.
Die Songs kommen knapp und präzise; für Soli und instrumentale Exkurse ist wenig Platz. Fast gewinnt man den Eindruck, als wolle Culture Club unter allen Umständen vermeiden, als Rock-Band abgestempelt zu werden. Dies ist das Familienprogramm: Exzesse jedweder Art sind unerwünscht.
Was zum gelungenen Kindergeburtstag fehlt, ist eigentlich nur eines: heißer Kakao, Gummibärchen und ein Riegel Kinder-Schokolade.