Dance with a Stranger
Erbarmen, die Fjordlichter kommen! Zahlreiche norwegische Flaggen, von Wimpelgröße bis zum Laken-Format, sowie markige nordische Gesänge begrüßten die vier Soul-Popper aus dem hohen Norden. Ein gutes Viertel aller Anwesenden waren vermutlich Landsleute, und sie veranstalteten von Anfang an einen Mordslärm.
Bereits als vierten Song spielte die Schären-Groove-Combo ihren Überraschungshit „Invisihle Man“. Und dabei wurde das Refrain-Gebrüll derart frenetisch, daß die Band das Spielen glattweg einstellte und dem Publikum den Vortrag überließ. So ein Enthusiasmus befruchtet sich gegenseitig, und der Jubel der Fans spiegelte sich in den Gesichtern der Musiker wider.
Im Mittelpunkt der Show von Dance With A Stranger stehen der langmähnige Vokalist Elg und der Gitarrist Frode, sein glatzköpfiges Pendant. Während Elg mit seiner volltönenden Röhre Laute erzeugte, die denen des jungen Joe Cocker ähnelten, hüpfte Frode mit bizarren Bewegungen über die Bühne wie ein musizierender Waldschrat. Damit wiederum provozierte die wild gestikulierende Glatze Szenenbeifall, in dem sie regelrecht badete.
Während die aktuelle LP FOOL’S PARADISE überwiegend aus gelungenen Soulstampfern und eindrucksvollen Balladen besteht, sind einige der älteren Songs auch live kaum mehr als öder Schaukel-Pop und Mainstream-Rock mit dem faden Pomp von Fußball-WM- oder Olympia-Hymnen. Doch soll nicht verschwiegen werden, daß zwischen dem Urteil des Schreibers und dem des Publikums die weiten Gewässer von Skagerrak und Kattegat lagen. Die Beschallung mochte noch so durchschnittlich sein, die Faxen des kapriolenden Kahlkopfs noch so albern — die Begeisterung der ergebenen Anhänger war nicht zu bremsen.
Trotz der gelegentliehen Ausrutscher besitzt das Quartett, das sich mit zwei Background-Sängerinnen und einem Keyboarder verstärkte, zweifellos viel Gefühl für tanzbare schwarze Musik in bester Memphis-Soul-Tradition. Und die kehligen Laute, die Sänger Elg neben seiner Cocker-Raspelei gelegentlich ausstößt, haben eine frappierende Ähnlichkeit mit den Schreien von Soul-Opa James Brown. An diesem Abend hätten Dance With A Stranger allerdings auch Andersens Märchen vorlesen können — sie wären dann genauso als triumphierende Heimspiel-Sieger von der Bühne gegangen.