Darum sind Docs die Schuhe für jeden Sound
Dr. Martens feierte Geburtstag und will an die Börse. Teenager entdecken die Docs gerade wieder neu. Eine Kolumne von Jan Kedves.
Wie viele Schuhe gibt es, die wirklich zu jeder Musik passen? Nicht viele. Womit wir bei Dr. Martens wären. Ich fand es schon immer bizarr und faszinierend, wie sich Skins, Punks, New-Beat-Raver, Grunge-Rocker, The xx und sogar Miley Cyrus auf dieselben Schuhe einigen können: Docs. Es muss wohl am britischen Working-Class-Mythos liegen, an der Härte, die diese Schuhe vermitteln – wobei diese ja recht paradox ist, jedenfalls wenn man weiß, dass Dr. Martens mit ihrer luftgepolsterten Sohle ursprünglich mal als Orthopädie- und Hausfrauenschuhe gedacht waren. Auch ich habe in meiner Teenagerzeit einige Paare durchgetreten. Eins davon mit Stahlkappen in Ochsenblutrot. Ich hörte The Cure, Deee-Lite, Public Enemy, The B-52’s. Die Docs passten zu allem. Vielleicht nicht ganz so gut zu dem Pan-Afrika-Medaillon in rot-gelb-grünem Leder, das ich, inspiriert von De La Soul, um den Hals trug. Ich ließ es sogar über meinen Lonsdale-Hoodie baumeln – au weia (denke ich heute).
Warum schreibe ich darüber? Weil die Marke Dr. Martens den 60. Geburtstag ihres Drei-Ösen-Halbschuhs „1461“ gefeiert hat. Und weil kürzlich eine Freundin erzählte, dass es für ihre 13-jährige Nichte, die ein riesiger Fan von Tyler, the Creator ist, an Weihnachten nichts Größeres gab, als endlich ein Paar Dr.-Martens-Stiefel mit Plateausohlen geschenkt zu bekommen. Das Schuhmodell wolle sie auch noch tragen, wenn sie Oma sei. Sicher ist sie nicht die einzige 13-Jährige auf der Welt, die so etwas sagt. Sprich, die nächsten 60 Jahre Kundentreue scheinen Dr. Martens schon jetzt sicher.
Rap-Musik und Dr. Martens passen eben auch längst zusammen. Tyler, the Creator trägt oft die 1461er-Halbschuhe, am liebsten als Loafer oder Sandale. Da erscheint es fast logisch, dass es von Dr Martens jetzt auch ein 1461er-Modell ohne Schnürsenkel gibt. Die drei Ösen bleiben leer, dafür gibt es innen, zwischen den Östenleisten, einen Gummizug. Woran erinnert das? Natürlich an Run DMC, die ihre Adidas-„Superstars“ in den Achtzigern immer ohne Schnürsenkel trugen. Der Look schlug während der ersten Rap-Welle so ein, dass Adidas dann ein Sondermodell herausbrachte, mit Gummizug innen. Das war zwar ein bisschen fake, aber dafür stolperte man beim Laufen nicht so.
Und so scheint es ewig weiterzugehen zwischen den Musik-(Sub-)Kulturen und den Schuhen. „Without music, Dr. Martens would have remained a workwear boot“, schreibt die Marke auf ihrer Website. Andersherum stimmt es auch: Ohne Docs wären viele Musikstile barfuß gelaufen.