Das Ende aller Listen…
...ist eine Liste, die nie endet. Ein Schwede arbeitet ständig daran, die besten Alben aller Zeiten neu zu sortieren. Für seine Website hat er hunderte von Bestenlisten ausgewertet und zusammengerechnet.
Da selbst der Rock’n’Roll nicht ganz ohne Bürokratie auskommt, fühlen sich gelegentlich auch unrockbare Menschen von ihm gerockt. Und fangen „Exceltabellentypen „, um Tomte-Gitarrist Dennis Becker zu zitieren, erst mal Feuer, dann gibt es kein Halten mehr: „Mein Interesse an Kritikerlisten wurde 1994 geweckt, als ich die,Pop‘-Listeder 100 besten Alben derWelt las“, schreibt der in England lebende Schwede Henrik Franzon. „Ich begann, Alben anhand von Listen aus schwedischen Magazinen einzuordnen. Bald schon entdeckte ich Julian ’s RockLists‘ mit Listen aus aller Welt. Voller Enthusiasmus stellte ich .ultimative‘ Listen zusammen, aber meine Methode führte noch nicht zu einem fairen Ergebnis.“ Inzwischen hat der fleißige Mann, der als Statistiker bei einem Pharma-Konzern arbeitet, ein Programm geschrieben, das all die Listen, die er in internationalen Musikmagazinen, Büchern und auf journalistisch anspruchsvollen Websites findet, nach einer ihm fair erscheinenden Methode zusammenführt. Selbstverständlich ist das Gewichtungssystem – alles andere wäre eine Enttäuschung gewesen – hochkomplex: „Wie werden die Listen ausgewertet? Das kann man nur schwer erklären. Bitte verzweifelt nicht, wenn ihres nicht voll und ganz nachvollziehen könnt“, schreibt er bei den „Frequently Asked Questions“. Man muss es nicht nachvollziehen. Die Listen, die Henrik Franzon bei www.acclaimedmusic. net veröffentlicht, sind großartig. Informativ. Unterhaltsam. Und so umfangreich! Die ältesten Songs, die in seinem System auftauchen, sind „The Entertainer“ (1902) und „Swing Low Sweet Chariot“ (1909) von Scott Joplin bzw. den Fisk Jubilee Singers. Das älteste Album ist Woody Guthries dust bowl ballads von 1940. Für jedes Jahr ab 1950 gibt es eine eigene Liste, bei der jeweils vermerkt ist, welchen Platz die Platte in der „ultimativen“ Liste hat. Zum Beispiel: Die Platte von i960, die von Kritikern weltweit über die Jahrzehnte am besten bewertet wurde, ist Sketches OF spain von Miles Davis. In der „ultimativen“ Liste der 5000 besten Alben aller Zeiten belegt sie Platz 352. Das wertvollste Album von 1980 ist demnach Talking Heads‚ remain in LIGHT, das in der Gesamtwertung auf Platz 39 zu finden ist.
Die große Liste selbst – die sich auch als Exceltabelle herunterladen lässt-betrachtet ihr Schöpfer nicht als der Weißheit letzter Schluss. Jeder hat einen anderen Geschmack, und Geschmack verändert sich auch über die Jahre ‚, schreibt Franzon. „The Acclaimed Music List wird sich auch verändern, wenn neue Kritikerlisten eingereicht werden.“ Zahlreiche der einzelnen Kritikerlisten, die er für seine Arbeit ausgewertet hat, werden übrigens direkt verlinkt. Wer also zum Beispiel die Auswahl der „50 besten Alben der 80er-Jahre“ von Pitchfork Media und Musikexpress vergleichen will, findet bei Acclaimed Music bequem die entsprechenden Links unter „Critics Lists“. Ach, und was Platz eins der „ultimativen“ Liste ist? Das soll noch nicht verraten werden. Nur so viel können wir sagen: Platz 3000 wird derzeit von Madonna belegt.
Ein umfangreiches Archiv von Listen deutschsprachiger Musikmagazine findet sich seit Jahren bei http://rz-home.de/tommi.s/. Unter http://home. austarnet.com.au/petersykes/jazzioo , einer Seite, auf der man allein ein Wochenende verbringen könnte, gibt es eine Liste mit den 200 besten Jazz-Alben aller Zeiten. Und wer schließlich gerne selbst seine Top 10 einreichen will, kann dies bei dem Link „Visitors Best Albums OfThe 2Oth Century-Vote“ unter http:// martijn-2000.trip0d.com tun – aus allen Einträgen von Besuchern wird hier eine Liste mit den 100 besten Alben des 20. Jahrhunderts erstellt.