Dauer Brenner


Tiefschläge standen auf der Tagesordnung, seit sein Höhenflug mit Cream zu Ende ging. 25 Jahre später hat Jack Bruce nun wieder Land in Sicht.

Obwohl Ahmet Ertegun, Präsident der Plattenfirma Atlantic, „Sunshine Of Your Love“ für „psychedelisches Schweinefutter“ befand, wurden Creams improvisationslastige Platten zum Kassenschlager der Zeit: Die vier Alben entstanden zwischen 1966 und 1969, ließen immerhin 35 Millionen Mal die Kassen klingeln. Jack Bruce könnte also längst an der Cote d’Azur sitzen und mit Ringo Backgammon spielen. Oder, wie Clapton, die Royal Albert Hall vier Wochen lang mit orchestraler Tafelmusik besäuseln. Aber Jack Bruce tut nichts dergleichen. Eingewickelt in einen dikken Pullover, steht er an der Bar seines Pubs, rollt eine Zigarette und tauscht mit der Barbevöikerung Freundlichkeiten aus. Er hat zum Interview aufs Land gebeten, weil seine Frau in Erwartung ist. „Du kannst mir schonmal dafiir gratulieren, daß ich sowas noch zustande bringe“, grinst er über den Teller hinweg.

Auch andere Dinge hat er in letzter Zeit kreiert, zum Beispiel ein Solo-Album. „Kurt Renker, mein langjähriger Studiopartner, hatte immer eine Flasche Eis im Studio stehen. Das ist so n lokaler Kräuterlikör“, erklärt Bruce wohlgelaunt. „Die He rstellerin heißt Frau Ewig!“

Ihr zu Ehren hat das Album jetzt den Titel „Somethin ELS“. Derber Bläser-Rock findet sich darauf ebenso wie unterkühiter Jazzgesang, intime Pianos (von Bruce selber gespielt) und in brutalen Jazz verpackter politischer Kommentar. Ein swingendes Tribut an den Blues-Rock-Pionier Graham Bond schlägt den Bogen zur Vergangenheit.

„Mit semer Band spielten wir mehr als 300 Gigs pro Jahr, drei Jahre lang. Es war eine wahnsinnig aufregende Zeit. Ornette Coleman, Eric Dolphy, Tony Williams — sie stellten alles auf den Kopf, was ich bis dahin über Musik wußte. Dieses wahnsinnige Gefühl, Neues zu entdecken, kam später nochmal: Als wir mit Cream durch die USA reisien und improvisierte Musik an Orte brachten, die sowas noch nie gesehen hatten. „

Jetzt, 24 Jahre später, könnte das alles neu aufgerollt werden. Ginger Baker wirkte zwar auf Bruces vorletzter LP mit, und Clapton steuerte zu seinem neuesten Werk ein paar flinke Laufe bei. Aber alle drei standen nie mehr im gleichen Zimmer, seit Bruce seiner Band dereinst den Laufpaß gab:

„Bei einem Konzert im Madison Square Garden war’s. Als die Kennedy-Kids kamen, um uns die Hand zu schütteln, wußte ich, daß das nicht mehr mein Ding war. Ich bin Musiker. Und Musik soll nicht zum Establishment gehören.“

Im Herbst ’92 kam der Bescheid, daß Cream in die „Rock ’n Roll Hall Of Farne“ aufgenommen werden sollten. Bruce: „Ich vermeide derartige Veranstaltungen. Aber diesmal war’s eine echte Ehre.“ Nachdem zuerst jeder meinte, der andere würde nicht hingehen, klärte sich die Sache so weit, daß Bruce gar eine Neu-Cream ins Auge zu fassen wagt. „Es wäre schön, wenn wir die Differenzen von damals aus dem Weg räumen könnten. Wer weiß, ob am Ende nicht gar eine Platte herausschaut.“

Ein weiterer Saurier-Trupp auf dem Weg zur Bank? „Daß die Versuche anderer peinlich endeten, heißt doch nicht, daß wir’s nicht versuchen sollten. Schließlich müssen wir nicht erst wieder lernen, wie man Gitarren stimmt. Wir haben weiter Musik gemacht, uns entwickelt. Vielleicht wär’s ein Desaster, vielleicht nicht, „

Geht’s in die Binsen, hat Bruce über Arbeit auch nicht zu klagen. Da wäre z.B. das Projekt, mit den legendären Meters aus New Orleans auf Tour zu gehen. Dann die Platte, die mit Bill Laswell. Tony Williams. Ginger Baker und Bernie Worrell entstehen soll. Weiter die Blues-LP mit Charlie Watts. Dann will er mit Kurt Renker nach Bali, um Gamelan-Musik auf DAT zu bannen. Und schließlich wäre da noch die Jack Bruce Band, die demnächst ins Studio geht. Sie besteht aus dem Session-Drummer Simon Phillips und dem blutjungen Gitarristen Blues Saraceno. Bruce:“.Er kam zur Audition, steckte die Gitarre ein. machte kurz Krach — und der Verstärker war kaputt. Ich sagte: Okay, du bist dabei. Er war 17. Bernie Worrell. der damals auch mittat, wolltezwar motzen:. Ich gehe auf Tour, um mal von meinen Kids wegzukommen ‚, sagte er. Hehehe …“