David Bowie


Vier ausverkaufte Shows zum Tour-Start in der Wembley Arena in London – seit Mitte November ist David Bowie auf großer Europa-Tournee. Und er bietet dem Publikum ein kantiges Rockspektakel, mit dem er bewußt den schweren Weg: musikalische Herausforderung statt Greatest Hits-Glamour-Show. Gerade das macht ihn so wertvoll in der illustren Runde der Rockgötter, die in diesen Tagen noch unter uns sind. Und wenn „La Bowie‘ – Rücken zum Publikum – die Hüften schwingt und mit unnachahmlichen Gockel-Tanzschritt die Massen hypnotisiert, heben die Fans ab in eine andere Galaxie. Fehlt da oben dann nur noch die Begegnung mit dem ‚Starman‘ oder ‚Major Tom‘ aus ‚Space Oddity‘. Die jedoch verwehrt der Meister den Fans.

Zwar wird Bowie bei seinen vier Deutschland-Konzerten (Daten siehe Kasten links) den einen oder anderen Oldie präsentieren, aber der Schwerpunkt des Zwei-Stunden-Livesets liegt auf der aktuellen CD ‚1. Outside‘. Und wenn schon Oldie, dann ganz tief aus der Schatzkiste gegriffen und kaum wiederzuerkennen: Den durch die Nirvana-Akustik-Version nachträglich zur Grunge-Folkhymne aufgestiegenen Klassiker ‚The Man Who Sold The World‘ servieren Bowie und Band als Fast-Dancefloor-Nummer. Die Hymne an ‚Andy Warhol‘ vom 72er-Klassiker ‚Hunky Dory‘ gerät dröhnend und rockig. Zum Finale lud Bowie die begeisterten Fans in London zum ‚Moonage Daydream‘: Da feierten die 12.000 mit verklärtem Gesicht den androgynen Ziggy Stardust aus den glamourösen siebziger Jahren.

Ansonsten tat Bowie genügend, um kein gemütliches Mitsing-Erlebnis aufkommen zu lassen. Keine große Bühnen- und Lightshow, lediglich ein Flackerlicht, das der Maestro per Hand dirigieren konnte, setzte Akzente. Die Band mit den Gitarristen Reeves Gabreis und Carlos Alomar sowie Bassistin Gail Ann Dorsey (die mit Bowie im Duett ‚Under Pressure‘ sang) und Drummer Zachary Alford zelebrierte die eckigen Soundgemälde von ‚Outside‘ bis ‚A Small Plot Of Land‘ mit Stadionrock-Qualitäten und erheblicher Wucht, aus der sich filigran die Pianofiguren von Mike Garson (veredelte schon den Bowie-Klassiker ‚Aladdin Sane‘) herausschälten. Und Bowie selbst, zunächst in Lederjacke, später im ärmellosen T-Shirt und Pluderhosen, becircte die Fans mit einem Minimalismus an Gesten und Worten, den sich wohl nur ganz Große leisten können. Er bringt’s noch, anno 1996.