David Byrne
Schon Jahre bevor Paul Simon Afrika entdeckte, experimentierten die Talking Heads mit schwarzer Volksmusik. Jetzt kämpft David Byrne für seine neue Liebe: Brasilien.
Nachdem in den Plattenschränken zwischen Pittsbourgh und Passau afrikanische LPs zur Normalität geworden sind, war es für David Byrne höchste Zeit, von der Sahara nahtlos in die tropischen Regenwälder zu wechseln: „Ich werde nicht mehr gebraucht, um afrikanische Musik weiter populär zu machen. Das läuft jetzt von selbst“, meint Byrne, der sich privat schon seit Mitte der achtziger Jahre für brasilianische Musik interessiert. Jetzt hat die Liebe erste Früchte getragen: Der Weltmusiker aus Überzeugung stellte in Amerika das Album BRAZIL CLASSIC 1: BELEZA TROP1CAL vor. Er ist diesmal nicht als Sänger zu hören, Byrne beschränkte sich darauf, eine Kollektion zeitgenössischer brasilianischer Pop-Musik zu kompilieren: „Vor drei Jahren fing es an, daß ich immer häufiger nach Brasilien flog, weil mich die dortige Musik so begeisterte. Ich habe wie ein irrer Platten gekauft und wollte nichts anderes mehr hören“.
Wer beim Stichwort „Brasilien“ nur an Bossa Nova der Marke „The Girl From Ipanema“ denkt, wird von dem Album extrem überrascht sein. Schon der Opener „Ponta de Lanca Africana“ von Jorge Ben könnte von einem frühen Heads-Album stammen. Auch die anderen Songs entziehen sich dem Bacardi-Klischee: wenig Tropen-Trommeln, dafür afrikanische Satz-Gesänge und rohe Orgel-Sounds, die stark an Traffic-Alben der 70er Jahre erinnern. Damals saßen viele Sänger in brasilianischen Militär-Gefängnissen. Byrne: „Sie waren subversiv, so wie Dylan mit der E-Gitarre für die Folkies subversiv war. Heule mischen sie frech alle Musikstile der Welt und sind damit Terroristen gegen den langweiligen Rock-Einheitsbrei.“