David Covderdale


David Coverdale ist sauer: Was Jon Lord über die Trennung von Deep Purple verbreitet, ist totaler Schwachsinn!" flucht der ex-Purple Sänger. Da David so in Fahrt war, wurde aus diesem Gespräch auch keines der üblichen Interviews. Er legte gleich los .........

„Ich kann nicht verstehen, daß ein Mann wie er einen derartigen Schwachsinn verbreitet. Ich habe ihn immer für einen ehrlichen Typen gehalten — und für einen Freund! Wegen ihm bin ich immerhin nach Ritchie’s Ausstieg bei Deep Purple geblieben, obwohl ich Blackmore’s Energie auf der Bühne immer vermißt habe. Unsere erste Tour mit Tommy Bolin durch den Fernen Osten lief eigentlich sehr gut — aber später wurde die Live-Show so schlecht, daß man kaum noch von Deep Purple sprechen konnte.

Das muß man sich einmal vorstellen: Auf der einen Seite stand Jon Lord, der seine klassischen Ambitionen durchsetzen wollte, daneben Glenn Hughes mit seiner Vorliebe für Soul, Tommy Bolin spielte Cosmic-Jazz, dahinter saß der unübertreffliche Ian Paice am Schlagzeug, und ich versuchte mich in der Mitte als Rocksänger. Kein Wunder, daß das Deep Purple-Konzept dabei verlorenging. Ich kann mir kaum vorstellen, daß es keiner außer mir wahrgenommen hat. Immerhin haben uns schon die Roadies darauf angesprochen. Aber keiner hat sich darum gekümmert. Irgendwann kam bei mir der Punkt, da habe ich es einfach nicht mehr ausgehalten. Die Welt-Tournee hat uns alle total geschafft. Bei den letzten Konzerten in England kam es schließlich zu einer Reihe von äußerst unerfreulichen Zwischenfällen.“

„Ich habe schon im März gekündigt“

„Ich war mit den Nerven so am Ende, daß ich nicht einmal mehr zusammenhängende Sätze zustande brachte. Ich wußte, wenn ich in unser Londoner Büro gehe, um zu kündigen, komme ich sowieso nur ins Stottern. Also schrieb ich einen Brief, in dem ich meine Gründe ausführlich erklärt habe. Das Purple-Management akzeptierte meinen Entschluß. Es sei sehr schade, sagte man mir, aber sie hätten Verständnis. Ich sollte meinen Entschluß nur noch geheimhalten, bis sich die anderen über die Zukunft einig wären.“

„Jon und Ian wollten mich überreden“

Jon und Ian wollten unter dem Namen von Deep Purple mit verschiedenen Gastgitarristen weitermachen und mich überreden, dabeizubleiben. Sie dachten an Eric Clapton, Jeff Beck und Jimmy Page, Leute die wir alle persönlich kennen und von denen wir wußten, daß wir uns auch musikalisch verstehen. Jon und Ian wollten sie als Mitwirkende für einzelne LP-Tracks, ohne eine feste Bindung einzugehen. Deep Purple sollte in Zukunft als Name für ein Hardrock-Projekt auf der Basis von Plattenveröffentlichungen dienen. Ich war im Prinzip einverstanden. Seitdem habe ich von den beiden nichts mehr gehört . Bis ich diesen Artikel las (s. ME 9/76), in denen Jon Lord erklärte, er hätte Deep Purple den Gnadenstoß versetzt. …Ich war wie vom Schlag gerührt.! Wie kann er behaupten, er hätte seine Gruppe aufgelöst? Es gab bei Deep Purple nie einen sogenannten Band Leader. Wenn er tatsächlich der „Big Boß“ gewesen wäre — warum hat er dann kein Machtwort gesprochen und alles besser gemacht?

„Jon Lord zu alt!“

(Da David gerade mal Luft holt, hier unsere erste Frage)

ME: Bist Du nicht wie Jon der Meinung, daß Deep Purple einfach zu alt und zu schwerfällig geworden sei?

David: „Nein…Jon Lord ist zu alt! Purple hätte in der eben angesprochenen Form weiterexistieren können. Jon Lord hätte allerdings nicht weiter versuchen dürfen, seine klassichen Ideen durchzusetzen. Das mag vor vielen Jahren ganz interessant gewesen sein, hat mittlerweile aber zu viele Nachahmer. Also wurde es für Deep Purple höchste Zeit, neue Stilelemente in die Musik zu integrieren.. Aber dafür ist er offenbar zu alt…too old to rock’n’roll …….

Aber das gibt ihm noch lange nicht das Recht zu behaupten, Glenn, Tony und ich seien zu jung!

ME: „Er behauptet, daß es zwischen Dir und Glenn immer wiezu heftigen Auseinandersetzungen gekommen sei.“

David: „Es gab eine Menge Streitigkeiten, auch zwischen Glenn und mir. Hauptsächlich ging es um die Frage, wessen Stimme denn nun besser zu Deep Purple passe. Glenn ist oft auf dem Stevie Wonder-Trip, und das, fand ich, war im Deep Purple-Konzept fehl am Platz. Aber trotz der vielen anderen —persönlichen— Auseinandersetzungen während der Aufzeichnungen zu „Come Taste The Band“ versteht sich Glenn mit mir immer noch besser als mit Mr. Lord. Wenn er die US-Tournee mit seiner Gruppe Trapeze beendet hat.

kommt er nach Deutschland, damit ich seine Solo-LP produzieren kann.“

„Ich bin stolz auf meine erste Solo-LP“

ME: Und wie weit ist Deine Solo-LP gediehen?“

David: „Die LP ist vor einigen Wochen fertig geworden. Ich bin eigentlich sehr stolz darauf. Ich habe alle LP-Tracks selbst komponiert. Bei der Auswahl der Musiker habe ich auf große Namen verzichtet. Es ist weitaus erfreulicher mit Leuten zu arbeiten, die keine Stars sind. Micky Moody ist ein fantastischer Gitarrist; er spielte früher bei Juicy Lucy und bei Snafu. Der Bassist Delisle Harper kommt aus Jamaica, Tim Hinkley spielte alle Tasteninstrumente, und am Schlagzeug saß Simon Phillips, der mit seinen 18 Jahren schon einen wahnsinnigen Rhytmus zusammentrommelt. Dazu kam noch jemand aus den alten Tagen von Deep Purple: Roger Glover hat die Produktionsleitung übernommen. Und er spielte Baß und Syntheziser auf dem Titelstück ‚White Snake‘ .. Ich habe bei diesem Album versucht, möglichst viele Einflüsse und Stilelemente unter einen Hut zu bekommen. Angefangen bei Soul- und Gospel-Elementen über die blusbetonten Ideen von Gruppen wie Free mit dem elementaren Beat der Pretty Things und Yardbirds bis hin zu harten Rock im Stil von Deep Purple..“

ME: „Hast Du vor mit Deinen Studio-Leuten auch auf Tournee zu gehen?“

David: „Das steht noch nicht fest. Auf jeden Fall will ich schon in einer Gruppe spielen. Vielleicht gründe ich mit einigen von ihnen eine neue Band, oder ich steige irgendwo ein. Ich habe da schon einige interessante Angebote.“

ME: „Zum Beispiel von Uriah Heep?“

Ich würde Heep kaputt machen.“

David: Wir haben uns sechs Stunden lang in ihrem Übungsstudio eingeschlossen. Danach war ich gar nicht mehr so sicher, ob wir zusammenpassen. Sie spielen Hard Rock wie einst Deep Purple. Ich möchte in Zukunft jedoch nicht mehr darauf festgelegt sein. Ken Hensley und ihre Leute gehen kompromißlos ihren Weg. Ich würde Uriah Heep kaputtmachen, wenn ich laufend mit neuen Ideen aufkreuzte. Ich habe ihnen gesagt, daß ich mich lieber heraushalte. Sie waren zwar enttäuscht — aber ich will mich doch lieber etwas verändern …. nach drei Jahren Geschrei!“