De La Soul
Drei New Yorker erfinden die Zukunft des Hip Hop: Beinharter Rap im Gänseblümchen- Outfit. Michael Reinboth durfte sie pflücken.
Old School? New School? De La Soul haben mit der Orientierung keine Probleme – sie sind definitiv All School. Die Kritiker überschlagen sich, die US-Tour ist ausverkauft, in den ersten zwei Wochen haben sie über 100.00 Alben von 3 FEET HIGH & RISING in den USA verkauft, die Hip Hop-Community blickt neidisch auf die Flower Power-Rapper. Keine Frage, De La Soul sind die Hip Hop-Sensation ’89. Mehr noch, Trugoy, Posdnuos und P.A. Pasemaster Mase lenken den Hip Hop in eine neue Richtung, wegweisend für die 90er.
Und das eigentlich nur, weil sie es frech und frei einfach laufen lassen. „Eine Menge Rapper beanspruchen für sich, einzigartig oder irgenawie originell zu sein, “ sagt Posdnuos, „aber sie klingen dennoch wie alle anderen. Wir haben uns nicht hingesetzt und überlegt, wie wir LL Cool J oder Public Enemy in die Pfanne hauen und Aufmerksamkeit erregen. Wir machen einfach alles, was uns gerade einfällt, und genau das finden die Leute interessant.“
Allein die Namen der Drei aus Long Island sind so abgedreht wie ihre Reime, ihre privaten Jokes und schrägen Samples. Wenn man Posdnuos umdreht kommt „Sound-sop“ heraus – und das heißt soviel wie „durchgeweichter Sound“. Posdnuos schwört auf Lakritze, und wenn man Trugoy rückwärts liest, weiß man worauf er steht, „besonders auf die mit den,lebenden Kulturen‘. „P.A. Pasemaster Mase („Ich esse am liebsten Ketchup“) sieht sich im Gegensatz zu den meisten seiner schwarzen Musiker-Kollegen auch nicht als DJ: “ Wir sind Redner für die Öffentlichkeit; ohne ein Sound-System, also eine P.A., können wir nicht gehört werden. Jeder nennt sich DJ oder MC, das ist einfältig.“
Yoghurt, Ketchup und Lakritze, so verrückt wie diese Zusammenstellung, so abgedreht sind auch ihre Sampler. Frech mischen sie alles, was ihnen vor das Mikrofon kommt: „50er, 60er, 70er Platten von unseren Ehern, ein paar Favoriten aus unserer Kindheit. Steely Dan, Hall & Oates, Sly Stone, Detroit Emeralds, Berry White, Funkadelic und Sachen, die wir nicht verraten. “ De La Soul gehen in jeder Hinsicht einen sehr eigenwilligen Weg. Die Crazy Hip Hop-Freaks plappern ihr eigenes Vokabular, verteilen bei ihren Auftritten Gänseblümchen, samplen ein paar Fetzen von einer Cassette eines Französisch-Sprachkurses und geben Rätsel auf wie „Wieviel Federn hat ein gerupftes Huhn“ oder „Wieviele platte Reifen hatte das Batmobile“.
Jetzt geben sie sogar den Fans Geld zurück: Die Rapper setzten 1000 Dollar Belohnung für den aus, der die Herkunft des ominösen Sample von „Plug Tunin“ herausfindet. Pasemaster Mase gibt einen Tip: „Schau in deinen Plattenladen um die Ecke. Dort steht sie: ’ne Sixties-Single.“ Mit dem Hippie-Image, das den drei New Yorkern in den Medien angehängt wird, gehen sie aber nicht unbedingt konform. „Die Leute assozieren das, weil wir so faul reimen, mit bunten Shorts rumlaufen, The D.A.I.S.Y Age ausrufen. Die haben das Bild vom Hippie im Kopf, der dasitzt, Haschisch raucht, protestiert und das Gefühl von Freiheit und Abenteuer propagiert. Das sind wir nicht. Die Welt ist heute nicht so wie 1968″, differenziert Trugoy. Posdnuos ergänzt: “ Wir richten den Fokus nicht aufs Äußere, sondern auf das Innere. D.A.S.I.Y steht für ,Da Inner Sound Y’all“. Jeder Rapper trägt diese dicken Goldketten oder eine UZI und macht auf obercool, wir sind nur wir selbst.“
Genauso spontan ist auch ihr Album eingespielt. “ Wir hatten viel Fun. Prince Paul von Stetsasonic, unser Produzent, stand meistens auf dem gleichen Level wie wir und hat uns viel beibringen können. „
Nochmal 24 solcher bunt-alternativer „boogie tunes“ – und in den großen Arenen, wo sonst nur RUN DMC auftreten, regnet es Gänseblümchen.