Deep Purple


Open Airs sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren. Sie haben den unschuldigen Reiz ehemaliger Woodstock-Tage längst verloren. Heute regiert König Kommerz an allen Ecken und Ständen, geben Brauereien, fliegende Bratwurst-Verkäufer und Merchandising den Ton an. Der Erfolg bemißt sich weit eher nach Hektolitern als nach musikalischen Qualitäten.

Hinzu kommt, daß die Veranstalter bei der Auswahl der Bands oft auch keine glückliche Hand haben. So blieb das diesjährige Schlamm-Festival in Knebworth, eine Woche zuvor, fast ausschließlich der Hard ’n‘ Heavy-Armada vorbehalten, während in Mannheim eine Illustre, wenn nicht gar willkürliche Mischung aus Deutsch- und Hard-Rock, Rhythm & Blues und amerikanischem Komödienstadel um die Gunst der 50000 Zuschauer stritt. Gewollte Ausgewogenheit endet garantiert in Monotonie.

Die hessischen Lokalmatadore Rodgau Monotones eröffneten den Reigen – mit Humor, witzigen Texten und gradlinigem Rock ’n‘ Roll. Alles in allem ein solider Set. Das gleiche gilt auch für Mountain, die auf Ihrem ersten Gig in Germany nach so vielen Jahren Oldles but Goodies, von „Mississippi Queen“ bis „Theme For An Imaglnery Western“, sowie aktuelles Material von Go For Your Life boten.

Bei Roger Chapman und seiner Shortllst dagegen vermißte man die üblichen, ganz und gar rustikalen Energien, die seine Auftritte sonst auszeichnen. Der Funke wollte und wollte einfach nicht überspringen. Lediglich die Mitklatsch-Hymne „Shadow On The Wall“ brachte etwas Farbe in das musikalisch diffuse Dunkel.

Noch härter traf es Meatloaf, diesmal mit Gipsbein, der inzwischen zu einer Karikatur seiner selbst geworden ist. Wenn er zum 1000. Mal ein- und dieselben Hits Out Of Hell herunterbetet, das Publikum wegen Untätigkeit mit den Worten beschimpft: „Hey ihr motherfucker, wozu seid ihr eigentlich hier!“ und sich bei seinen tapsigen Aktionen auch noch von zwei singenden Bunnies ohne Stimme animieren lassen muß, wird aus dem Rock ’n‘ Roll-Theater schnell eine Farce.

Um 20 Uhr erschien dann endlich die eigentliche Attraktion des Abends, fünf ältere, gesetzte Herren, die den zumeist jugendlichen Besuchern gehörig einheizen sollten. Natürlich durften die Klassiker von anno dunnemals nicht im Repertoire fehlen. Versionen von „Child In Time“ oder „Smoke On The Water“ (manche nannten es auch „Schmock On The Water“) bestanden dabei ebenso den Test wie die neuen Songs von Perfect Strangers.

Inmitten dieser von Nostalgie- und Revivai-Gefühlen geschwängerten Atmosphäre stand ein Mann besonders im Zentrum – der Berufs-Zyniker und enfant terrlble der Band, Gitarrist Ritchie Blackmore, der in seinen abgewetzten Samthosen und ausgelatschten Stiefeln wie das Rock-Fossil par excellence aussah. Seine Finger huschten nur so über den Gitarren-Hals, hielten kurz inne, um gleich darauf schon zu einem seiner berühmten Soli anzusetzen. Sein durch und durch von der Klassik geprägtes Spiel war gleichsam die Sahne auf dem Kuchen.

Der mußte jedoch zuvor erst einmal gebacken werden. Und das besorgten Sänger lan Gillan, mit modischer Krause und leichtem Doppelkinn, Tastenmann Jon Lord, schon etwas füllig um die Hüften, sowie hatman Roger Glover am Baß und lan Paice, die Brille, on drums. Sie legten in rhythmischer Eintracht den eigentlichen Grundstein zum Erfolg.

Fazit: Aus der anfangs von vielen belächelten Eintagsfliege ist in wenigen Monaten ein Dauerbrenner geworden. Sollte dieses Comeback allerdings am Ende nur monetäre Gründe gehabt haben, ist für den Nachschub schon gesorgt: Wie aus sicherer Quelle verlautet, werden sich Black Sabbath demnächst wieder in Original-Besetzung blicken lassen. The same procedure as every year…