„DEN HUND HAT ES NIE GEGEBEN“


Wir treffen Liam Gallagher in den „John Henry’s“-Studios in Nordlondon. Beady Eye bereiten sich hier auf eine kleine Tour vor, die die Veröffentlichung ihres zweiten Albums BE begleitet. Aus der Kantine riecht es nach altem Bratöl, der Kalender an der Wand ist im Mai 1976 stehen geblieben.

Wie seid ihr ausgerechnet auf David Sitek (TV On The Radio, Yeah Yeah Yeahs, Santigold etc.) als Produzent des neuen Albums gekommen? Die Kombination liegt ja nicht unbedingt auf der Hand.

Zuerst war einer der beiden Typen von den Black Keys im Gespräch. Ich weiß nicht mehr, wie der hieß. Auf jeden Fall klappte es nicht. Wir hatten aber in London bereits ein Studio im Auge, wo wir unbedingt arbeiten wollten. Das musste bestätigt werden oder die Buchung wäre dahin gewesen. Also buchten wir es und dachten uns: „Machen wir’s allein, irgendwas wird schon rauskommen.“ Da schlug unser neuer Manager Dave Sitek vor. Der hörte sich die Demos an und flog rüber.

Ein amerikanischer Studio-Nerd und fünf britische Beatles-Fans …

Ich hatte keine Ahnung, wer Dave ist. Nie was gehört von seiner Band. Wir trafen ihn zum ersten Mal, als er an die Studiotür klopfte: „Hallo, ich bin Dave.“ „Freut mich, ich bin Liam.“ Er kam rein und los ging’s. Wir haben ihn einfach machen lassen. Darum war er ja auch da, damit wir nicht noch mal das erste Album aufnehmen. Und er war fucking great.

Wie hat er eure Arbeitsweise beeinflusst?

Er hat dauernd Salbei abgebrannt. Was für ein Gestank! Und der Rauch erst! Wenn wir einander sehen wollten, mussten wir zuerst einen Rauchvorhang beiseite schieben. Wie im Dampfb ad. Aber ich schwöre, dass wir die Kleider immer anbehielten. Wir haben dann wie immer unsere Stücke durchgespielt, drei, vier Mal, danach hat er sich hinter seine Maschinen gesetzt mit all den blinkenden Lichtern und so, und hat seine Welt mit der unsrigen vermischt.

Euer neuer Bassist Jay Mehler ist mit der Tochter von Ringo Starr verheiratet. Dessen Sohn Zak gehörte einst zur Live-Besetzung von Oasis. Kommt Ringo zu euren Shows?

Ich hab ihn erst einmal getroffen. Er kam ins Hammersmith Apollo und sagte, „Hey, hey!“ Ich darauf: „Ringo, ich liebe dich, Mann, du bist der Allergrößte, aber ich werde jetzt den Raum verlassen und draußen warten, bis du gegangen bist. Diese Situation ist mir echt zu viel.“ Mit Ringo war’s viel schwieriger als mit McCartney – ein Gigant, klar. Aber RINGO! Der hat etwas ganz Besonderes an sich.

Angeblich hast du einen Film über die Beatles in Planung – wie stehen die Dinge?

Langsam, langsam geht’s vorwärts. Wir hatten soeben einige Rückschläge – Schauspieler, die nun doch nicht mitmachen wollten. Aber das Geld ist da und das Script auch. Es wird allerdings kein Beatles-Film. Der Streifen handelt von einem Typen, der bei Apple Records arbeitet. Es geht um die damalige Zeit und die Stimmung, nicht um die Beatles als Personen. Auf jeden Fall werden ziemlich viele Trips geschluckt, eine Menge Scotch wird gesoffen. Mein Job? Es war meine Idee. Wenn’s ans Drehen geht, werde ich dafür sorgen, dass jedes stilistische Detail stimmt. Nur keine Perücken!

Neulich sollst du im Pub hackedicht versucht haben, auf einem Hund zu reiten.

Mann, ich bin doch nur ausgegangen mit der Familie, hab mich besoffen und meinen Spaß gehabt. Und ich war nicht der Einzige im Pub, der betrunken war! Bezahlt habe ich auch und den Hund hat es nie gegeben! Das ist halt mein Leben. Irgendwer erfindet dann Bullshit dazu. Aber das ist mir egal. Die Schreiberlinge machen ja auch nur ihre Arbeit. Am nächsten Tag haben es eh alle vergessen.

Albumkritik S. 78