Der Oscar


Am 30. März ist es endlich wieder soweit: In Los Angeles wird vor den starhungrigen Augen über einer Milliarde Fernsehzuschauer zum 64. Mal in der Geschichte Hollywoods die begehrteste Filmtrophäe der Welt verliehen.

„Die Spannung kann sich kein Mensch vorstellen,“ gab sogar die eisgekühlte Bette Davis einstmals zu. Kim Basinger beruhigte ihre Nerven anno ’90 mit ein paar Schluck zu viel und überreichte das Goldmännchen sturzbesoffen.

Offensichtlich kein Mittel gegen Lampenfieber: Zur Generalprobe muß jeder prominente Präsentator von de Niro bis Nicholson höchstpersönlich erscheinen. Und ist dann doch nervös.

87’S Journalisten berichten heute vor Ort über das Spektakel — dreimal mehr als 1929 zur ersten Feier überhaupt Gäste kamen.

Viel Wirbel um den kleinen Mann: Der Oscar ist 34,3 cm groß, 3,8 kg schwer und im Regelfall aus einer vergoldeten Zink-Kupfer-Legierung. Die Ausnahme: Während des zweiten Weltkriegs wurden Gipsstatuen verliehen, Metall gab’s nur für die Waffenindustrie.

Giorgio Moroder versteckt seinen dreifachen Stolz in einem Safe. Was er nicht weiß: Originalgetreue Nachbildungen gibt es auf dem Schwarzmarkt in L.A. schon für $ 1 SO, und auch die verleihende Academy ofArts hält käuflichen Ersatz für geklaute Oscars stets bereit.

Wenig beeindruckt zeigte sich Prince vom Oscar-Zeremoniell. Als 1984 „Purple Rain“ als bester Soundtrack prämiert wurde, stürmte er auf die Bühne, dankte Gott, und brauste nach der Übergabe sofort in den L.A.-Club „Tramp“, um dort ohne die Filmprominenz zu feiern.

Madonna setzte sich 1991 gekonnter in Szene. Die persönliche Generalprobe für den Mann ihrer hoffnungslosen Träume (Beatty) lieferte die Pop-Ikone mit einer Präsentation des ausgezeichneten Film-Songs „Sooner Or Later“ aus „Dick Tracy“. Das Publikum war geblendet: von 30 Millionen-Dollarschweren Diamanten, die um ihren Hals baumelten.

Erfolgreichster Oscar-Gewinner aller Zeiten: VPalt Disney. Mit 25 regulären Auszeichungen und sechs Ehrenpreisen — einer davon für die Erfindung von Mickey Mause — ist er der einsame Rekord ___ halter im Filmgeschäft.

Zwanzig Minuten vor dem geplanten Finale war die Oscar-Zeremonie 1959 am Ende. Schwer geprüft: Conferencier Jerry Lewis, der das Publikum bemüht bei Laune hielt, bis NBC dann doch gnädig den Saft abdrehte.

¿ An .den schwersten Gang seines Lebens‘ erinnerte sich Regisseur Frank Capra ungern. Auf des Präsentators ,Komm Frank, hol’ihn dir!“ machte er, sich 1934 Richtung Bühne auf den Weg. Gemeint war aber Kollege Frank Lloyd. ¿ Bei ihrer Nominierung 1957 verhindert, wollte Ingrid Bergman die Verleihung via Radio verfolgen. Beruhigungsmittel taten des Guten zuviel: Sie verschlief ihren zweiten Oscar. ¿ Beste Dankesrede 1975: Jack Nicholson als er seinen Oscar für „Kukkucksnesr* entgegennahm:

.Damit ist wohl bewiesen, daß in der Jury nicht weniger Bekloppte sitzen als sonstwo in der Welt.“

¿ Erfolg hat einen Namen, und der kam angeblich 1931 von der Bibliothekarin der Academy.

,Der sieht ja aus wie mein Onkel Oscar,“ war ihr Kommentar zur Statue, und die Taufe war vollzogen. ¿ Loser 1982: Zbigniew Rybcynski, Preisträger des besten Zeichentrickkurzfilms. Für eine Zigarettenpause verließ er den Saal, der Wiederzutritt wurde ihm verwehrt, und uneinsichtig wie er war, verbrachte er die Nacht im Knast. ¿ Julia Roberts und Kiefer Sutherland hatten 1991 anläßlich des Oscars ihren letzten gemeinsamen Auftritt. Kurz drauf schickte Julia die (bereits gedruckte) Einladung zur eigenen Hochzeit zurück.

¿ Sturkopf Charlie Chaplin brach 1972 seinen 20jährigen Hollywood-Boykott, als er wider Erwarten einen Ehrenoscar persönlich in Empfang nahm. ¿ Zum Privat-Screening von .Wild At Hearf mit Gala-Dinner lud Diane Ladd die Jury vor der Wahl. Trotzdem: volle Bäuche, kein Oscar. ¿ Das Allerletzte: 1974 raste hinter David Niven ein nackter Mann über die Bühne. Niven: .Den einzigen Lacher seines Lebens bekommt der Mann dafür, daß er alle seine Mängel zeigt.‘ ¿ Erfolgsbilanz für Kevin Costner: »Der mit dem Wolf tanzt* war der erste Western seit 60 Jahren, der die Jury überzeugte.