Deutsche New Wave: Geräusche für die 80er


Knallfrösche und Kanonenschläge waren nichts gegen die Musik von acht Bands: Aus Süddeutschland, aus England, aus der Schweiz und Österreich reisten kurz vor Jahresschluß die Fans nach Hamburg, um nicht die „Geräusche für die 80er“ zu verpassen, wie der Tilel dieser dritten selbstorganisierten langen Sylvester-Nacht der Neuen Welle hieß. In der Pogo-Hochburg Hamburg kamen erwartungsgemäß die einheimischen „Razors“ und „Coroners‘ am besten an, während die neue Formation „Abwärts“ eher einen Vergleich mit Wire-Tönen zuließen. Die konventionelleren Töne, dafür aber umso witzigeren Texte und Gesangs-Arrangements der Gelsenkirchener „Salinos“ wurden besonders beim ’sssteifen‘ Hamburger Publikum nicht recht verstanden. Bei der Westberliner Truppe „Liebesgier“, die das Publikum mit einer GoGo-Tänzerin und eigenwilligen Soundcollagen konfrontierte, gab es in der überfüllten Markthalle sofort zwei feindliche Lager. Die Fetzen flogen jedoch nicht nur einmal: Die angereisten Berliner Punks schafften es, ihre ungeliebte Berliner Beatband „Tempo“ bereits nach zwei Stücken von der Bühne zu jagen. 20 Minuten immerhin konnten „Minus Delta T“ aus Düsseldorf ihre Performance mit Cello, Gitarre, Synthesizer und Gesang durch einen Staubsauger-Schlauch durchstehen. Ihre scheinbar chaotischen Gerauschorgien sind tatsächlich diszipliniert strukturiert und werden wohl noch lange für Diskussionen sorgen. Versöhnlicher Abschluß: „Rotzkotz“ aus Hannover mit E.A. Wehmer, dem früheren, und Phil, dem jetzigen Sänger, brachten bis 2 Uhr morgens die 1000 Ausharrenden in Hochstimmung. Fazit: Zwar blieb für die Veranstalter dank der üblichen Zerstörungswut einzelner der erhoffte finanzielle Überschuß für einen neuen „Neue Welle“-Club in Hamburg aus, aber für die meisten Beteiligten und Zuschauer war es ein vielversprechender Ausblick auf die sich neu entwickelnde Musik aus deutschen Landen.