Die Antwoord
Dicke Synthies, noch dickere Beats und fett surreale Gangsterposen: Wenn man sich über das Netz so satirisch-schrill inszeniert wie das Trio Die Antwoord, dann hat selbst Südafrika keinen Standort-Nachteil mehr im internationalen Pop.
Wie schafft man als Popband im Jahr 2010 den maximalen Internet-Hype? Man muss Die Antwoord fragen, kursieren doch die Videos der Rap-Rave-Band aus Südafrika seit Monaten als virale Netzhits. Zu sehen sind darin: Ein dürrer Rapper mit kruden Gang-Tattoos, der in einem Kapstadter Hinterhof in Boxershorts sein Gemächt schüttelt. Eine auf Bitch gestylte Blondine als Sängerin. Und ein dicker apathischer DJ. Ninja, Yo-Landi Vi$$er und DJ Hi-Tek. So nennen sich die drei Bandmitglieder von Die Antwoord, um ihre Identitäten erst mal absichtlich im Vagen zu lassen. Schließlich geht es den weißen Südafrikanern um ein Vexierspiel zwischen den Rassen, Milieus und kulturellen Codes ihres Landes. Videos wie „Zef Side“, mit seinen bein- und zahnlosen Rentner beim Mitwippen, und „Enter The Ninja“, mit den bizarren Gesichtslandschaften des unter Progerie (vorzeitiger Alterung) leidenden 24-jährigen südafrikanischen DJs Leon „Solarize“ Botha, ließen weltweit Millionen Zuschauer rätseln: Sind Die Antwoord rappende Party-Prolls, geschmacksverirrte Gangster oder einfach geniale Komiker, eine geschickt inszenierte Freak-Show? Watkin Tudor Jones – so heißt Bandchef Ninja mit bürgerlichem Namen – hatte sich bereits als Max Normal und Waddy Jones einen Namen in der südafrikanischen Hip-Hop-Szene gemacht, bevor er mit seiner Lebenspartnerin Yolandi das spinnerte Hip-Hop-Electro-House-Projekt ins Leben rief. Tumbe Bad-Boy-Sprüche treffen da auf Kindergartengesänge, Sasha Baron Cohen als Ali G und Eminem als Slim Shady blitzen zwischen den Versen hervor.
Und doch hat die Satire von Die Antwoord einen genuin südafrikanischen Einschlag: So benutzt die Band neben Englisch den Dialekt der sogenannten „Zef“-Kultur. Dieser afrikaanssprachige Proll-Slang (Afrikaans ist eine der elf Amtssprachen Südafrikas – Anm. d. Red.) dient südafrikanischen Studenten und Hipstern schon lange als Belustigung über die Macker aus den Problemvierteln, in etwa mit dem „Kiezdeutsch“ hiesiger Comedians zu vergleichen.
Die Antwoord hebeln jede Frage nach der Authentizität endgültig aus, sie beklauen weiße wie schwarze Unterschicht-Kulturen – und nicht zuletzt den Township-Pop, oder wie es Ninja ausdrückt: „den High-NRG-Scheiß aus den Minibus-Taxis“. Nun erscheint mit „5“ die erste offizielle Mini-EP der Gruppe. Noch dieses Jahr soll auch ihr – bisher nur im Netz veröffentlichtes – Debütalbum $o$ in Deutschland folgen. Um den Zef in uns allen herauszukitzeln: „Ich lasse diesen Proll zu Wort kommen“, sagt Ninja. „Er ist keine wirkliche Person – aber jeder hat doch einen kleinen Zef in sich!“
www.dieantwoord.com
2009 Das Video „Zef Side“ sorgt für Aufsehen im Web.
2010 „Enter The Ninja“, ein noch größerer Videohit, erhält Lob von Katy Perry und Fred Durst.
2010 Mehrere Majors streiten um die Band; Interscope erhält den Zuschlag.
2010 Die Antwoord gehen erstmals auf Welttour (u. a. 19.8., München, 20.8., Berlin).