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Das sind die besten deutschen Serien


Die Serienlandschaft hat sich seit 2000 stark verändert, das Format dem Kino den Rang abgelaufen. Zum Glück hat man in Deutschland den Schuss gehört und seitdem einige sensationelle Produktionen hervorgebracht. Hier sind die Lieblinge der Online-Redaktion.

Die deutschen Serien sind längst besser als ihr Ruf. Mit dem internationalen Hype um US-Produktionen wie „Mad Men“, „Breaking Bad“ und Co. wurden auch die Beschwerden darüber lauter, dass Deutschland derartige TV-Qualität nie hinkriegen würde. Nun: Großproduktionen wie „Babylon Berlin“ und das Netflix-Mystery-Drama „Dark“ bewiesen zuletzt, dass Deutschland durchaus Serien kann. Wenn eben nur das Geld und/oder der Freiraum für die Macher stimmen.

„Babylon Berlin“-Soundtrack: Hört hier den Titelsong „Zu Asche, zu Staub“
Hier eine Auswahl von Serien, die wir für die besten deutschen Serien überhaupt halten.

Texte: Daniel Krüger (dkr) und Fabian Soethof (fs)

„4 Blocks“

„4 Blocks“: Krise im Kokshandel
Frederick Lau als einstiges Krawallkid, das als Undercover-Cop einen arabischen Familienclan in Neukölln hochgehen lassen soll. Kida Khodr Ramadan als zu weicher Gangsterboss Toni Hamady, der den Schritt ins bürgerliche Leben nicht schafft. Rapper Veysel als dessen Bruder Abbas, der mit Gewalt statt Intelligenz die Geschäfte führen will. Ronald Zehrfeld als Anführer der verfeindeten Rockergang aus Berlin-Wedding.

Staffelfinale von „4 Blocks“: In „Gewinnen und Verlieren“ sieht man die wahre Stärke der Serie
Drehbuch, Cast, Regie, Setting, mutmaßliche Realitätsnähe: In der deutschen Produktion „4 Blocks“ stimmt einfach alles. Als Neuköllner Milieustudie und Gangsterdrama angelegt, werden in den sechs Folgen der ersten Staffel so verschiedene Themen wie Drogenhandel, Loyalität, die Rolle der Frau in arabischen Familien, Gentrifizierung, Parallelgesellschaften, Bandenkriege, Korruption, Schicksal und, natürlich, Liebe verhandelt. Für die zweite Staffel wurde neben Veysel und Massiv als Authentizitätsgarant unter anderem der Hamburger Rapper Gzuz rekrutiert, leider nur in einer kleinen Nebenrolle. In den sieben neuen Folgen, die seit Oktober auf TNT Serie (via Sky) laufen, geht es weniger um Neukölln, dafür noch zentraler um das Schicksal Toni Hamadys und seinen Kampf gegen den rivalisierenden Clan Mohammads. (fs)

„Dark“

https://www.youtube.com/watch?v=zy0b9e40tK8&t=5s

Das sind die besten Netflix-Serien
Deutschlands erste Netflix-Serie – und ein unterm Strich sehr gelungener Versuch, „Tatort“-Drögheit gegen US-Mystery und große Twists einzutauschen: In der fiktiven Kleinstadt Winden verschwindet zum wiederholten Mal ein Junge. Sein Vater, Polizist und Fremdgeher Ulrich (Oliver Masucci), macht sich auf die Suche, landet buchstäblich in der Vergangenheit, findet eventuell gar einen Weg, die Zukunft zu verändern und steht vor der Frage, wie weit man als Vater gehen darf, um sein eigenes Kind zu retten (milder Spoiler: sehr weit). „Stranger Things“, „Zurück in die Zukunft“ und „Lost“ lassen grüßen – nur die bedeutungsschwangeren Holzhammer-Dialoge sind stellenweise unerträglich. Die zweite Staffel wird gerade gedreht. (fs)

„Babylon Berlin“

„Babylon Berlin“ kommt ins Kino – aber nur für zwei Tage
Beworben wird „Babylon Berlin“ als teuerste deutsche Serienproduktion aller Zeiten, und das sieht man ihr auch an: Die bisher sechzehnteilige sowie kulissen- und kostümstarke Serie spielt 1929 in, richtig, Berlin. Es geht um Politik, Polizeiarbeit und Prostitution in der damals wohl spannendsten Stadt der Welt – zehn Jahre nach dem ersten Weltkrieg, vier Jahre vor Hitlers Machtübernahme, Tage vor den als Blutmai bekannten Mai-Unruhen. Unverbrauchter Cast, mal abgesehen von ein paar unglaubwürdigen „Äh, Moment mal“-Szenen gut geschriebener Krimiplot. Nur der vorerst finale und unfreiwillig komische Showdown sieht leider nach dem aus, was er ist: ein mit dem Brecheisen und Special Effects herbeigeführter Versuch, Actionszenen aus US-Produktionen in wirklich nichts nachzustehen.

„Babylon Berlin“ wurde Ende 2017 exklusiv auf Sky und seit dem 30. September 2018 im Free-TV (ARD und ARD-Mediathek) ausgestrahlt. (fs)

„Stromberg“

Stromberg

Lief mit fünf Staffeln etwas zu lang, gipfelte in einem unnötigen Kinofilm und war in seiner Grundidee sowieso nur dreist kopiert. Und trotzdem sind die ersten Staffeln von „Stromberg“ wahrscheinlich das Lustigste, was jemals im deutschen Fernsehen lief. Zumindest, wenn man auf trockenen Humor und dusseliges Gequatsche steht. Christoph Maria Herbst hat wahrscheinlich den Sprech Zehntausender geprägt, das „Wunder von Bernd“ wird seit Jahren zitiert wie keine andere Serie. Ein schnelles Beispiel von gefühlt zwei Millionen Sprüchen: „Immer diese Gleichberechtigung. Aber wenn das Schiff sinkt, heißt es ‚Frauen und Kinder zuerst‘.“ (dkr)

„Bad Banks“

Hatte so wenig Selbstbewusstsein, dass Nebendarstellerin Mai Duong Kieu in der ersten Folge für eine gefühlt endlos lange Sexszene am Rande der Peepshow herhalten musste. Da wurde im Auftrag des ZDF ein bisschen schäbig das „Come for the tits, stay for the story“-Prinzip angewandt, obwohl es das überhaupt nicht gebraucht hätte. Denn „Bad Banks“ ist inhaltlich so aktuell wie es eben geht, strotzt vor guten Dialogen und ist sehr gut recherchiert. Das Bankenwesen wird zwar nicht komplett entmystifiziert, dafür ist dann doch zu viel Drama drin, aber in weiten Teilen spannend erklärt und verurteilt. Nach sechs Folgen möchte man als Zuschauer direkt zur Dorfsparkasse wechseln. (dkr)

„Hindafing“

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Gut, das deutsche Pendant zu „Fargo“ oder „Breaking Bad“, als das der Sechsteiler oftmals beschrieben wurde, ist „Hindafing“ nicht ganz. Die Satire kommt den US-Vorbildern aber immer wieder mal nahe, Maximilian Brückner spielt sich hier als tragischer Held im Aristoteles’schen Sinne frei. Seine Figur Alfons Zischl will erneut Bürgermeister der Gemeinde Hindafing werden, hat aber ein Problem mit Koks, Flüchtlingsheimen, einem Shoppingcenter, Frackingzusagen und diversen Gegenspielern. Urkomisch, urbayerisch, urböse – und im BR sowie im Algorithmus von Netflix leider tiefer versenkt worden als der Flüchtling im Baggerloch. (fs)

„Charité“

Die schlechtesten Serien bei Netflix
Hand aufs Herz: „Charité“ von Sönke Wortmann ist in einigen Szene so durchgehend furchtbar geschrieben und gespielt, dass man Regisseur Sönke Wortmann am liebsten seinen guten Namen wegnehmen möchte. Doch der überwiegende Teil der ARD-Serie zeigt ein faszinierendes Kapitel deutscher Geschichte. Die Hochzeit der deutschen Medizin wird eindrucksvoll eingefangen und wiedergegeben. Wortmann folgt den Ärzten Robert Koch, Emil Behring und Rudolf Virchow, die in Berlin Gegenmittel für Krankheiten erforschen, dabei oft scheitern und irgendwann spektakuläre Erfolge feiern dürfen – für die es immerhin auch Nobelpreise gab. Das ist solange aufregend und lehrreich, bis die privaten Verstrickungen der Ärzte ins Soap-artige abdriften. (dkr)

„jerks.“

„jerks.“: Christian Ulmen bestätigt Staffel 3
Ein Geniestreich: In „jerks“ spielen die Kumpel Christian Ulmen und Fahri Yardim eine Version von sich selbst. Aus der Frage, wie überhöht die ist, zieht Ulmens Produktion – neben einem bisher nicht gekannten Fremdschamfaktor – ihren großen Reiz: Ist Yardim wirklich so ein Baggerer und Ficker? Ist Ulmen tatsächlich so ein Sozialtrottel? Hängen deutsche Schauspieler (und Rapper) echt gemeinsam ab? Eine Stärke von „jerks.“ mausert sich in Staffel 2 leider zu einer Schwäche: Während in den ersten zehn Folgen Gastauftritte von Kay One, Karsten Speck, Jana Pallaske oder Nora Tschirner noch überraschen und grandios unterhalten, kommen sie in den zweiten zehn Folgen im Abo, aber zu oft ohne Mehrwert. Mal schauen, ob in der dritten Staffel eine kleine Kurskorrektur vorgenommen wird. (fs)

„Ku’damm 56 & 59“

Die Familie Schöllack in „Ku’damm 59“.

Fun Fact: Das ZDF ist der einzige große Fernsehsender, der in den letzten 10 Jahren seine Quoten trotz Netflix und Internet steigern konnte. Grund dafür sind eben auch Top-Produktionen wie „Ku’damm“, die in der ersten Staffel (3 Folgen à 90 Minuten) 56 und in der zweiten 59 als Zusatz hatte. Visuell über jeden Zweifel erhaben, wird hier ein Berlin der 50er wiederbelebt, in dem drei Junge Frauen Karriere machen und die Liebe finden wollen. Sie leiden allerdings unter der aus heutiger Sicht in Deutschland nicht mehr vorstellbaren Unterdrückung ihres Geschlechts und der Dominanz eitler Herren. Aber keine Angst: Die Serie ist auch voller guter Momente, schön gespielter Liebe und ziemlich coolen Tanzszenen. (dkr)

Im Angesicht des Verbrechens

Ronald Zehrfeld und Max Riemelt als Cops mit LKA-Ambitionen und persönlichen Einlagen auf Russenmafiajagd in Berlin. Marie Bäumer als mit einem Gangsterboss verheiratete Polizistenschwester, Alina Levshin als ukrainische Zwangsprostituierte, Uwe Preuss als korrupter Polizeichef, Bernd Stegemann als dickschmieriger Speditions-Unternehmer mit zu viel Geld und zu viel Gewaltfantasien. Mädchenhandel, Zigarettenschmuggel, Familiendramen, Russendiskos: Hätte es damals schon Netflix, Bingewatching und mehr Marketingbudget gegeben, hätte Dominik Grafs „Im Angesicht des Verbrechens“ ein Hit werden müssen. Die wöchentliche Ausstrahlung im Spätabendprogramm der ARD aber machte aus der zehnteiligen Krimiserie einen kommerziellen Flop. Jetzt ist „Im Angesicht des Verbrechens“, eine Art Vorläufer für „4 Blocks“ wieder in der ARD-Mediathek sowie auf Netflix gelandet. Zuerst lief die Serie allerdings auf Arte. (fs)

Das Boot

Sky und Baravia Films haben Wolfgang Petersens Klassiker aus dem Jahr 1981 wiederbelebt. Und zwar nicht in einem schnöden Remake, sondern als Mini-Serie, in deren acht Episoden eine gänzlich neue Handlung erzählt wird. In der Hafenstadt La Rochelle kämpft der Widerstand gegen die Gestapo und die Nazi-Besatzer, im titelgebenden U-Boot transportiert eine junge Crew einen Amerikaner zu einem Austausch auf hoher See. Die eingestreuten Twists ergeben zwar historisch gesehen nicht immer Sinn, spannend und hochwertig produziert ist „Das Boot“ trotzdem.

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