Die Bosse des K-Pop (1): Yang Hyun-suk und YG Entertainment
In dieser Artikelreihe stellen wir die Bosse vor, die mit ihren Produktionsfirmen das K-Pop-Geschäft geprägt haben. Los geht es mit Yang Hyun-suk, der mit YG Acts wie Psy, Blackpink, iKon, Big Bang und Treasure groß machte.
Die Millionengewinne im K-Pop-Geschäft verteilen sich mittlerweile auf vier große Produktionsfirmen. YG Entertainment, S.M. Entertainment und JYP Entertainment galten dabei lange als die „Big Three“ in Südkorea, bis dann Big Hit Entertainment (das seit 2021 als HYBE Corporation firmiert) durch den Erfolg von BTS in die erste Garde des Business vorstoßen konnte. All diese Firmen wurden von Männern gegründet, die ihre Unternehmen recht patriarchisch führen und sich mit unserer „Bosse des K-Pop“-Überschrift recht wohl fühlen würden. Da diese Firmen viele Rollen erfüllen und ihre Bands casten, vermarkten, ausbilden und oft selbst ihre Konzerte buchen und organisieren, haben sie ungleich größere Macht als zum Beispiel ein Major-Label wie Universal. Deshalb lohnt es sich, mal zu schauen, wer bei den jeweiligen Firmen dahintersteckt.
Der eine von Seo Taiji and Boys
Mit Yang Hyun-suk und YG Entertainment zu beginnen, macht dabei Sinn: Nicht nur weil mit Blackpink eine der zwei erfolgreichsten K-Pop-Bands ever aus seinem Hause stammen, sondern auch weil Yang Hyun-suk sozusagen beim Urknall des K-Pop eine Rolle spielte. Er war Teil der prägenden Gruppe Seo Taiji and Boys. Als diese am 11. April 1992 in einer Show des Senders MBC ihr TV-Debüt gab, schockte sie zwar die Jury, traf aber bei der Jugend einen Nerv. Seo Taiji and Boys brachten das Interesse an aktueller US-Musik mit einer eigenen koreanischen Identität zusammen und lieferten mit ihren grellen Outfits und Tanzchoreographien die Blaupause für den bunten und bewegungsfreudigen K-Pop, den wir heute kennen. Die Band wurde extrem erfolgreich, trennte sich aber 1996 auf der Höhe ihres Erfolgs mit einem sehr erfolgreichen und bisweilen erstaunlich sozialkritischen Abschiedsalbum.
Die Bad Boys von Big Bang
Zwei Jahre nach dem Ende der Band gründete Yang Hyun-suk im Jahr 1998 mit seinem jüngeren Brüder Yang Min-suk YG Entertainment. Die ersten erfolgreichen Acts Jinusean und 1TYM waren dabei noch eindeutig im HipHop verortet. Erst 2003 orientierte man sich mit dem Sänger Se7en eindeutiger in Richtung jener Popmusik, die von „Idols“ performt wird. Ein wichtiger Neuzugang präsentierte sich zuerst 2011 auf dem zweiten „YG Family“-Sampler: der damals 13-jährige G-Dragon gab sein Debüt und wurde später einer der erfolgreichsten Idols, Sänger und Rapper im K-Pop. Er wurde auch Teil der Band Big Bang, die 2006 von YG gecastet wurde. Big Bang wurden nach und nach so etwas wie die Bad Boys des K-Pop – und G-Dragon später einer der ersten Solokünstler, die auch in Amerika erste Erfolge hatten. Eines der Big-Bang-Mitglieder sollte Jahre später dafür sorgen, dass Yang Hyun-suk als CEO seiner eigenen Firma zurücktreten musste, aber dazu später mehr.
2NE1 und ihr Produzent Teddy Park
2009 brachte YG die Girlband 2NE1 (spricht sich „to anyone“) an den Start: Vier weibliche Idols, deren Songs überwiegend von Teddy Park produziert wurden. Der ehemalige Rapper kam 2006 zu YG und gilt bis heute als einer der prägendsten Hausproduzenten, der später großen Anteil an dem Erfolg von Blackpink haben sollte. 2N1 traten zuerst im Duett mit Big Bang in Erscheinung – bei einem Song namens „Lollipop“ , der durch einen bekannten Werbe-Spot zum Hit wurde. Die erste Bandsingle von 2NE1 folgte dann wenig später mit „Fire“. Viele ziehen bis heute stilistische und musikalische Parallelen zwischen 2NE1 und Blackpink – was nicht ganz von der Hand zu weisen ist.
Expansion dank Psy-Effekt
2012 richtete sich der internationale Fokus in bisher ungekanntem Maße auf K-Pop und YG. „Schuld“ daran war niemand geringeres als Psy, der zu Zeiten von „Gangnam Style“ bei YG unter Vertrag war. Yang Hyun-suk nutzte das gut laufende Geschäft um weiter zu expandieren: In den Folgejahren gründete er eine Agentur für Schauspielerinnen und Schauspieler, diverse Sublabels und eine Modelagentur.
Außerdem war Yang Hyun-suk zu dieser Zeit in vielen TV-Shows als Juror vertreten – wie auch andere K-Pop-Bosse. Yang Hyun-suk holte sich auf diese Weise einige talentierte Idols oder Sängerinnen an Bord. Zum Beispiel Lee Hi, die man im folgenden Video sehen kann – der Typ mit der smarten Mütze am Anfang ist übrigens Yang Hyun-suk.
Die Band, die alle Erfolge überstrahlt: Blackpink
2015 debütierte die Band iKon bei YG, weniger später wagte die Boyband Sechs Kies ihr großes Comeback – gut 16 Jahre nach ihrem Aus. Trotzdem überstrahlte in den nächsten Jahren eine Band alle anderen Erfolge: Blackpink. Als musikalischer Kopf der Band galt auch hier wieder YG-Hausproduzent Teddy Park.
Jisoo, Jennie, Rosé und Lisa feierten ihre Bühnenpremiere 2016 und wurden schnell zu einem Phänomen. Yang Hyun-suk sagte 2018 in einem Interview über Blackpink: „Wenn Teddy ein Mode-Designer wäre, dann wären Blackpink das Topmodel und die Modebrand, die den aktuellsten Trend am nächsten, oder ihm gar voraus sind.“ Wenn man K-Pop-Bosse so reden hört, versteht man schon, warum viele Menschen K-Pop als „manufactured“ abwatschen. Der Arbeitsansatz ist schließlich – nicht unbedingt anders – aber vielleicht ehrlicher: Pop ist auch ein Produkt. Dieser Fakt wird im K-Pop recht unverblümt gelebt und professionell umgesetzt.
Yang Hyjun-suk über Blackpink
Wir vergleichen das K-Pop-Biz dabei oft mit dem Profisport. Was auch Yang Hyjun-suk gerne tut. Blackpink zu launchen und managen habe für ihn was von Profifussball. Und da gilt: „Wenn du deinen Gegner auf dem Platz schlagen willst, ist es wichtig gute Spieler zu haben. Aber du brauchst eben auch eine Taktik, die zum Sieg über das gegnerische Team führt. Wenn ich hier mal ganz unbescheiden eine Einschätzung geben darf mit Blick auf Blackpinks Situation: Sie bekommen vielleicht so viel Liebe, weil sie ein komplett anderes Skillset als andere haben und eine Strategie, die man in diesem Land noch nie gesehen hat.“ Ganz falsch liegt er damit nicht – das Champions Leauge-Finale im K-Pop wird schließlich gerade zwischen BTS und Blackpink ausgefochten. Und vielleicht findet sich da auch der Grund warum die aktuellste YG-Boyband Treasure mit 12 Mitgliedern fast in Fußballteam-Stärke an den Start geht.
Rücktritt wegen der Skandale um Big Bang und iKon
Obwohl Yang Hyun-suk sicher weiterhin eine prominente Rolle im Hintergrund spielt, trat er 2019 von allen Positionen in seinem Firmenkonzern zurück. Wenig später tat es ihm sein jüngerer Bruder Yang Min-suk gleich. CEO wurde die bisherige Geschäftsführerin Hwang Bo-kyung. Hintergrund ist der bisher größte Skandal im K-Pop-Biz um den Club „Burning Sun“ und das Big Bang-Mitglied Seungri. Der wurde nicht nur des Drogenmissbrauchs überführt, sondern auch der Prostitution, die in Südkorea zwar weit verbreitet, aber offiziell verboten ist. Anhand von Chat-Verläufen wurde ersichtlich, dass Seungri für Geschäftspartner in Taiwan Prostituierte organisiert haben soll. Auch Yang selbst wurde durch einen K-Pop-Whistleblower beschuldigt, eine junge Frau, die bei YG im Trainingsprogramm war, bedrängt zu haben, eine Zeugenaussage gegen iKon-Sänger B.I zurückzuziehen, der des Drogenmissbrauchs beschuldigt wurde. Dafür muss er sich gerade vor Gericht verantworten.
Ein eher unrühmliches Ende von Yang Hyun-suks Erfolgsserie mit YG und seinen Künstlerinnen und Künstlern. Aber vielleicht sogar eine begrüßenswerte Entwicklung: Wie auch die weiteren Folgen unserer Reihe belegen werden, sind alle großen Produktionsfirmen sehr klar auf einen Patriarchen zurechtgeschnitten, der alle Macht auf seinem Schreibtisch bündelt. Eine Konstellation, bei der selten ein gutes Arbeits- und Führungsklima rauskommt. Und die – in Zeiten von #metoo und unter dem Druck vieler weiblicher, internationaler, feministischer K-Pop-Fans – nicht mehr zeitgemäß wirkt.
Hier geht es zur zweiten Folge: