Die Oberschwester


Okay: Der Mega-Meikel ist ihr großer Bruder. Und den hat sie auch mächtig lieb. Wenn's aber um den Erfolg geht, wäre Janet Jackson am allerliebsten die Nummer eins im Clan.

„Sorry, der Jetlag.“

Janet gähnt. Völlig ungeschminkt ist Michael lacksons kleine Schwester zum Interview erschienen, wirkt in Jeans und T-Shirt wie das nette Mädel von nebenan. Keine Starallüren, kein „Bitte keine privaten Fragen „-Getue, nichts. Dass sich das zierliche Persönchen auf seinem neuen Album „All For You“ ausgerechnet mit dem Thema Liebe auseinander gesetzt hat, erscheint allerdings ein wenig befremdlich – immerhin entstanden die Texte nach Janets Scheidung. „Wenn du plötzlich wieder Single bist“, grübelt sie, „bekommt die Liebe einen anderen Stellenwert.“

Ihr Ex, Rene Elizondo, forderte von Janet inzwischen zehn Millionen Dollar für die 30 Songs, die er für sie geschrieben hat, und beeinträchtigte so ihr Vertrauen in die Gattung Mann ganz erheblich. Janet ist sich darüber klar: „Weil du immer die Probleme aus einer alten Beziehung mit dir rumträgst, ist es schwierig, in einer neuen Partnerschaft glücklich zu werden.“ Und wie kann frau verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen? „Du musst dir nur klar machen, dass mit einem anderen Mann alles besser wird.“ Trotzdem: Die 34-Jährige ist nach wie vor solo. Trübsal bläst Janet jedoch nicht. Da unternimmt sie lieber nächtliche Streifzüge durch die Clubs: „Du tanzt, fühlst dich frei und hast viel Spaß.“

Apropos Nachtleben: Songs wie „Come On Get Up“ oder das groovige „You Ain’t Right“ haben das Zeug, fette Clubhits zu werden. Dann könnte Janet zu ihrer eigenen Musik tanzen, sie wird es aber nicht tun: „Wenn ich meine Stücke in der Disco höre, fühle ich mich total eingeschüchtert. Ich würde mich niemals auf die Tanzfläche trauen.“ Nur daheim im stillen Kämmerlein mag sich die Amerikanerin zu ihren Songs bewegen. Die Auswahl ist groß, immerhin kann Janet mittlerweile acht Alben vorweisen. Insgesamt hat die attraktive Sängerin im Laufe ihrer Karriere beinahe 60 Millionen Platten verkauft. Auf diesen Erfolg ist sie stolz. Trotzdem wäre Janet manchmal gern die unbekannte Frau von nebenan: „Obwohl ich ein spontaner Mensch bin, muss ich jede Unternehmung genau planen.“ Also mal eben mit Freunden ins Kino gehen, das ist für den Superstar nicht drin: „Ich kann mich nicht mehr frei in der Öffentlichkeit bewegen.“

Oberhaupt hat Janet in ihrer Jugend einiges versäumt, was für andere Teenager selbstverständlich war. Videoabende mit Klassenkameraden, Girlie-Talk mit anderen Mädchen, ein Wochenende bei Freunden – das alles war für Janet tabu. In ihrem Leben gab es nur eins: das Showgeschäft. Mit sieben Jahren stand sie zum ersten Mal auf der Bühne. Als Schauspielerin hatte sich das jüngste Mitglied des Jackson-Clans schon vor ihrem Debütalbum einen Namen gemacht. Zuletzt war sie in dem Streifen „Nutty Professor II“ zu sehen. Dass sich Janet damals, als sie eigentlich wieder zur Schule gehen und Wirtschaftsrecht studieren wollte, am Ende doch den Wünschen des resoluten Vaters beugte, hat sie nie bereut: „Ohne meine kreative Arbeit könnte ich nicht existieren.“

Trotxdem hätte Janet lieber eine normale Kindheit gehabt, aber: „Was mir damals entging, hole ich heute nach.“ So macht sie sich beispielsweise einen Spaß daraus, mit ihren Tänzerinnen Pyjama-Partys zu feiern: „Wir sitzen auf meinem Bett und kichern wie kleine Mädchen.“ Dass derlei Verhalten einer 34-Jährigen nicht unbedingt angemessen ist, weiß sie: „Ich bin noch immer ein Kind.“ Was Wunder, dass Janet ihren Bruder Michael eigenem Bekunden zufolge abgöttisch liebt: „Wir sind ein Herz und eine Seele.“ Auch, wenn es um messbare Erfolge wie zum Beispiel Chartplatzierungen geht? Michael möchte ja in diesem Jahr die Welt ebenfalls mit neuen Songs beglücken. „Weil ich sehr ehrgeizig bin“, so Janet, „wäre ich gern die Nummer 1.“ Sollte der Mega-Meikel aber doch das bessere Ende erwischen, regiert der Familiensinn: „Hauptsache, ein Jackson steht an der Spitze der Charts.“

Für ihren Bruder hat Janet offenbar mehr übrig als für Männer im Allgemeinen. „Ich glaube nicht, dass ich jemals wieder heiraten werde“, meint sie. Was sie sich wünschen würde: „Einen Mann, der mir das Gefühl gibt, dass er sich wirklich für mich interessiert. Er soll einfach er selbst sein.“ Wenn er neben einem Sexsymbol steht? Janet grinst verlegen. Nein, mit diesem Image könne sie sich nicht anfreunden: „Ich finde mich nicht besonders schön oder erotisch.“ Überhaupt möchte sie als Künstlerin ernst genommen werden: „Mein Motto ist nicht ’sex sells‘. Ich setze lieber auf mein musikalisches Talent.“