Die unendliche Geschichte


Noch nie war es so einfach, Musik in bester Qualität zu überspielen. Ob DAT, Mini-Disc, CD-R oder Festplatte: Mit dem richtigen Equipment ist zwischen Original und Kopie kaum noch Unterschied. Der an Napster entflammte Konflikt zwischen Tonträgerindustrie und Kopierern ist allerdings nicht so neu wie das Internet: i960 bereits ist das Tonbandgerät Stein des Anstosses für die GEMA. Die Urheberrechtsorganisation führt einen Musterprozess gegen den Hersteller Grundig. Die Firma muss Schadensersatz zahlen und darauf hinweisen, dass beim Kopieren von Radio oder Schallplatten GEMA-Rechte berührt werden. Doch die GEMA will mehr: Alle Personen, die ein Tonbandgerät gekauft haben, sollen namentlich registriert werden. 1962 spricht der Bundesrat ein Machtwort: Gebühren für private Vervielfältigungen werden abgelehnt. Und 1965 wird die MC eingeführt – neues Medium, neuer Streit. Man einigt sich, dass fünf Prozent vom Kaufpreis eines Recorders direkt an die Urheberrechtsgesellschaften abgeführt werden. Doch ab Mitte der siebziger Jahre boomt vor allem die Leercassette: Bänder und Recorder werden immer billiger. Der Bundesverband der PhonoIndustrie fordert 1977 kurzerhand eine „Kassettenabgabe“, BASF kontert: Der Käufer werde zweimal zur Kasse gebeten, erst beim Kauf des Recorders, dann beim Kauf der Leerkassette. In England reagiert die Plattenindustrie werbewirksam: „Home Taping Kills Music“ lautet der Slogan. 1982 beschließt der Bundestag eine „Leerkassettenabgabe“ von zehn Pfennig pro Stunde Spielzeit, die Geräteabgabe sinkt indes auf zwei Mark pro Gerät. Die Ruhe vor dem Sturm, sprich: vor der digitalen Revolution. Wenig später, 1988, als von CD-R und MP3 noch keine Rede ist, ahnt die International Federation of Phonographic Industry (IFPI): Digitale Speichermedien könnten für die Industrie zu einer ernsthaften Gefahr werden.