dillon – Kunst, natürlich


Es gibt diese wundersamen Geschichten, die manchmal fast zu pudrig klingen, als dass sie wahr sein könnten. So wie die von dillon.

Die Geschichte handelt von einem jungen Mädchen und einem Flügel in der elterlichen Kölner Wohnstube: „Irgendwann mit 18, als niemand zu Hause war, setzte ich mich einfach an das Klavier. Ich habe schon immer gesungen, aber ich hatte das Bedürfnis, nicht allein zu singen. Das Klavier singt mir zu und ich singe mit“, sagt die 23-jährige Dominique Dillon de Byington. Was zunächst ein wenig naiv, spielerisch und nach „Upps, hier komme ich“ klingt, gedeiht erstaunlich gut. „Es ging gar nicht um ein Funktionieren im Sinne von technischer Exaktheit. Es geht darum, bestimmte Sachen rauszulassen, und genau das hat funktioniert.“

Kurze Zeit später: Der erste Bühnenauftritt 2007, ein ausführliches Porträt im „Spiegel“ und ein mehr als wohlwollendes – und viel zitiertes – Urteil von Stefan Kozalla, bekannt als DJ Koze, der Dillon eine „schöne Zukunft“ prophezeit. Nun scheint sich das Koze-Orakel zu bewahrheiten: Kürzlich erschien Dillons erstes Album This Silence Kills auf dem Berliner Elektronik-Label BPitch Control. Seit dem Erweckungserlebnis am Klavier sind vier Jahre vergangen, in welchen Dillon noch ohne Plattenvertrag in der Tasche mit Jolly Goods und Tocotronic durchs Land zog: „Ich habe mal mit Phantom/Ghost gespielt und verstand mich mit Dirk von Lowtzow sofort sehr gut. Als dann feststand, dass Tocotronic auf Tour gehen, haben wir beschlossen, das gemeinsam zu machen“, sagt sie.

Im November 2010 fing die Albumproduktion an: Thies Mynther von Phantom/Ghost, Tamer Fahri Özgönenc, Teil des Kölner Post-Krautrock-Kollektivs MIT, und Dillon schließen sich für jeweils eine Woche im Monat in den Hamburger Clouds Hill Studios ein, um Dillons Debüt aufzunehmen. Ohne Druck von außen legt Dillon in ihre mal exaltierten, mal leisen Elektro-Pop-Stücke Emotionen, die entstehen können „wenn man vier Tage allein in der Wohnung ist und mit niemandem spricht oder sich eine Woche am Stück betrunken hat“. Und über allem herrscht der große Eigensinn: So wird das Artwork fürs Album kurzerhand selbst fotografiert, alles geschieht, wenn der Moment stimmt. Denn dann passieren die guten Dinge von ganz allein.

Albumkritik und CD im ME 11/11