Dream Warriors & Gang Starr


Eine schicksalsschwangere Frage von Shakespeare’scher Bedeutung dröhnt grollend aus einer Bastion wuchtiger Lautsprecherboxen: „Is Haaamhurg in the hooouse?“ Aber sicher. Das lauthals zum Medienereignis hochstilisierte „HipHop-Jazz“-Doppelprogramm hat die Massen in Scharen angezogen. Selbst der happige Eintrittspreis von knapp 3(1 Mark mochte niemanden abschrekken — obgleich der B-Boy-Anteil verhältnismäßig gering ausgefallen ist. Die Taschengeld-Schmerzgrenze ist diesmal wohl eindeutig überschritten worden. Wer trendgerecht gestylt sein will, darf über das Eintrittsgeld hinaus noch einmal satte 140 Mark für das komplette Merchandising-Paket berappen.

Nichtsdestotrotz ist das Hamburger Docks nahezu ausverkauft, und nach einem kompakten, sauber getimeten Aufwärmspektakel mit Ads wie Michie Mee & LA Luv. MC Rumble und Sike brodelt das Publikum schon vor dem ersten Höhepunkt. Der naht — ohne Unterbrechung — in Gestalt des Duos Gang Starr, eingehüllt in dräuenden Edgar Wallace-Nebel aus der Trockeneismaschine. ,“ls Haaamburg in the hooouse?“ Aber ja doch.

Seit „Jazz Thing“. Gang Starrs Beitrag zu Spike Lees“.Mo‘ Better Blues“, werden die beiden New Yorker als Vorreiter der Medien-Erfindung“.HipHop-Jazz“ gefeiert. DJ Premier und Guru Keith betonen dagegen bei jeder sich bielenden Gelegenheit. Jazz sei lediglich einer von vielen Einflüssen, die in ihrer Musik zu finden seien. Konzertbesucher, die krampfhaft nach der vermeintlichen HipHop-Jazz-Fusion oder gar nach dem von einigen bereits gesichteten „Jazz der 90er Jahre“ suchen, müssen sich denn auch in Hamburg wie auch anderswo enttäuscht sehen. Der Rest aber genießt ein HipHop-Konzert, das sich durch perfekt inszenierte Partylaune und ungewohnt hohe Professionalität auszeichnet.

Letztere können die nach 15minütiger Umbaupause erscheinenden Dream Warriors (DJ-Equipment mußte umständlich gegen anderes Gerät ausgetauscht werden) nur zeitweise für sich in Anspruch nehmen. Die kanadischen Shooting-Stars bestechen eher durch Lautstärke und Plumpheit als durch swingende Leichtigkeit. „Is Haaamburg in the hooouse‘.'“ Aber immer. Etliche Scratches und Übergänge gehen katastrophal daneben, und selbst die Hits „Wash Your Face In My Sink“ und „My Definition Of A Boombastic Jazz Style“ erweisen sich live als Rohrkrepierer. Überschäumende Stimmung kommt erst wieder beim großen Finale auf. Dann nämlich, wenn Gang Starr die gemeinsam mit den Dream Warriors eingespielte Single „How I Lost My Ignorance“ präsentieren. Und wieder: „Is Haaamburg in the hooouse?“ Die abschließende Beantwortung dieser Frage von offenbar existentieller Bedeutung, die voll von drängendem Wissensdurst rund 40mal wiederholt wird, bleibt bis zum Schluß aus. Nur eins steht außerhalb jeden Zweifels: Nach drei prallgefüllten Stunden mit straff organisiertem Entertainment verläßt Hamburg schlußendlich zufrieden und erschöpft das mit so viel Vehemenz beschriene Hooouse.