Dreh´s Noch Mal, Woody!


Als Amerikas einziger echter "Filmemacher" genießt Woody Allen Narrenfreiheit wie kein anderer Regisseur. Ein teurer Luxus für die hochverschuldeten Orion Pictures.

Hollywood verehrt Woody Allen. Nicht, weil er so tolle Filme macht (die Jahr für Jahr weniger Leute sehen wollen), sondern weil er den besten Vertrag hat, den sich ein Autor/ Regisseur/Schauspieler wünschen kann. Wenn Woody Allen einen neuen Film vorbereitet, hat er für Story, Stars etc. freie Hand. Sobald Arthur Krim, der 81jährige Präsident von Orion Pictures, das Budget abgesegnet hat, kann Allen machen, was er will. Aliens Filme für Orion kosteten zwischen sieben Millionen und 16 Millionen Dollar und spielten selten mehr als die Hälfte davon wieder ein. Einzige Ausnahme: „Hannah und ihre Schwestern“, hergestellt für neun Millionen Dollar, brachte den Produzenten 18 Millionen Dollar. Demgegenüber stehen Desaster wie „September“, hergestellt für zehn Millionen Dollar, der 162.000 Dollar einspielte.

Die Zahlen beziehen sich auf den amerikanischen Markt. Nach der Hollywood-Faustregel müssen dort zumindest die Kosten eines Films reinkommen. Video, TV sowie Kino im Ausland sorgen dann für den Gewinn. In einem Fall wie „September“ ist natürlich auch im Ausland nichts zu holen. Von den Eintrittsgeldern der 62.000 Besucher in Deutschland etwa kann der Verleih kaum die Werbung und die Film-Kopien bezahlen. „Alice“, Aliens jüngster Film, dürfte in Deutschland wahrscheinlich ebenfalls die Besuchermarke von 200.000 nicht überschreiten.

Warum also darf Woody Allen weitermachen?

Weil er ein Aushängeschild ist! Orion Pictures versteht sich als kreative, den Künstlern verpflichtete Konkurrenz zu den großen Hollywood-Studios. Und Woody Allen als Haus-Filmer ist das Orion-Markenzeichen, das über Stinker wie „McQuade, der ™ Wolf“ und Flops wie „Cadillac Man“ hinwegsehen läßt. Wie lange noch? Orion ist derzeit zwar mit den Filmen „Der mit dem Wolf tanzt“ und „Das Schweigen der Lämmer“ hoch in den Kino-Hitlisten. Das genügt aber bei weitem nicht, um das 500 Millionen Dollar Schuldenloch (inklusive rund 30 Millionen Dollar wegen Woody Allen) einigermaßen zu stopfen.

Die Verluste kamen Orion doppelt teuer zu stehen. Um neue Produktionen finanzieren zu können, verkaufte die Firma sämtliche Auslandsrechte an „Der mit dem Wolf tanzt“ sowie die Video-Auslandsrechte an 50 anderen Produktionen für 175 Millionen Dollar an Columbia Pictures (= Sony). Auf den ersten Blick ein schöner Batzen Geld. Allerdings: Allein die weltweiten Video-Einspielergebnisse vom „… Wolf …“ könnten die Summe wieder einspielen. Und die Spirale setzt sich weiter fort: Um 13 Neu-Produktionen zu finanzieren (die teilweise schon gedreht werden), bietet Orion jetzt unveröffentlichte Filme wie beispielsweise „Addams Family“

oder „Robocop 3“ auf dem freien Markt an.

Nach Cannon, Vestron, Dino De Laurentiis, New World und Atlantic, um nur einige zu nennen, könnte Orion der nächste große unabhängige Produzent werden, der zusperren muß. Oder aber die Japaner kommen (auch Samsung aus Korea ist interessiert) und sichern sich die Rechte an rund 800 Orion-Filmen und -Fernsehfilmen. Dann wäre Woody Allen, der einzige echte amerikanische „Filmemacher“, seiner Arbeitsheimat beraubt — ein rechter Schreck insbesondere für die, die ohnehin schon lange nicht mehr hinsehen, wenn ein neuer „Woody Allen“ ins Kino kommt.