Eagles in Rotterdam


"Wir wollen Musik machen, Mann, und keine Fragen beantworten!"

8200 Zuschauer erlebten in der Ahoy-Halle in Rotterdam eines der eindrucksvollsten Konzerte der Saison. Lobeshymnen für die Eagles und Joe Walsh! Die Eagles, deren vierte LP etwas lauwarm ausgefallen ist, boten in ihrer Show so perfekte und vitale Rock-Nummern, daß sie die begeisterten Zuschauer wieder voll auf ihrer Seite hatten. Vergeblich allerdings wurden die seltenen Gäste von Journalisten umlagert, die – genau wie wir – auf Interviews lauerten.

Nachmittags steht man also schon erwartungsvoll in der beklemmend leeren Ahoy-Halle und hofft, die Musiker beim Soundcheck zu schnappen. Roadies und Tontechniker sind mit dem Aufbau beschäftigt. Irgendwann steigt Joe Walsh aus einem uralten Auto, klettert auf die Bühne, um kurz einige Stücke durchzuspielen und wenig später wieder zu verschwinden. Ein Angestellter der Ahoy-Halle begibt sich auf die Suche nach einem Telefon für den Ober-Roadie, damit der ihn auf die Bühne läßt, und ein älterer Herr will endlich wissen, wann denn die Musiker aufkreuzen, damit er weiß, wann er den Imbiß servieren darf. Als brummige Antwort erhält er: „15 Uhr müssen sie hier sein.“ Dann wird es aber doch 16.30 Uhr, ehe Don Henley, Bernie Leadon, Randy Meisner und Don Felder durch den Bühneneingang treten. Glenn Frey trifft noch später ein. Er kommt aus Amsterdam, wo er zusammen mit Freunden ein paar Tage Urlaub gemacht hatte. Erste Versuche, Fragen loszuwerden, sind mit Worten wie „Hunger“, „müde“ und „Wir müssen jetzt proben“, schon abgewehrt. Nur der „Neue“, Don Felder, bleibt interessiert stehen. „Was wollt ihr denn wissen?“ fragt er freundlich, doch ehe wir die erste Frage aussprechen können, hatten ihn die anderen schon fortgezogen. „Sorry“, meint er achselzuckend.

Don Felder war von den Eagles engagiert worden, als sie gerade ihr drittes Album „On The Border“ fertigstellten. Abends beim Konzert konnten wir uns davon überzeugen, daß sie hier wirklich eine gute Nase bewiesen haben – Don ist ein fähiges Mitglied, das die Gruppe hervorragend ergänzt.

Die anderen Vier, die Ur-Eagles, haben jeder bereits Erfolge in anderen Gruppen hinter sich.

Bernie Leadon (Vocals, Gitarre. Banjo) spielte 1962 bei The Scottville Squirrel Barkers zusammen mit Chris Hillman. Er gehört zu den Mitbegründern der bereits legendären Heats & Flowers, denen er von 1964 bis 1968 angehörte. Danach mischte er bei Dillard & Clark mit (zusammen mit Doug Dillard, Gene Clark und Michael Clark): „69 versuchte er es mit Linda Ronstadt, ein Jahr später tourte er als Gast mit den Flying Burrito Bros, durch die Staaten. Zurück bei Linda Ronstadt, traf er auf Randy Meisner, Don Henley und Glenn Frey. Im August „71 machte er sich mit ihnen selbständig. Die Eagles waren geboren. (Auf ihrer neuesten LP „One Of These Days“ wirkte Linda übrigens mit.) Randy Meisner kam über die Dynamics. The Poor und Poco zu den Eagles. Don Henley war acht Jahre lang festes Mitglied von Shiloh, und Glenn Frey hatte einst zusammen mit John David Souther das Duo Longenbranch Pennywhistle formiert, ehe er sich den „Adlern“ anschloß.

Die Eagles haben einen großen Teil der amerikanischen Popszene beeinflußt. Klar, daß wir jede Menge Fragen auf Lager hatten, doch auch nach dem Soundcheck hatten sie keine Zeit. „Wir wollen Musik machen. Mann, und keine Fragen beantworten!“ schimpfte Bernie Leadon, als er sich in die wartende Limousine schwang, die ihn ins Hotel bringen sollte. Auch nach dem Konzert war kein Gespräch mehr angesagt. Die intime Party, ursprünglich von der Schallplattenfirma geplant, wurde im letzten Moment abgeblasen. Die Eagles hatten sich mit ihren Begleiterinnen in ihre Zimmer zurückgezogen, um in aller Stille und ohne ständig fragende Journalisten ihren Erfolg feiern zu können.