Earth, Wind & Fire – New York, Radio City


Einen gediegeneren Rahmen hätten sie sich für ihr New Yorker Comeback nun wirklich nicht ausdenken können. Die altehrwürdige Radio City Music Hall im Herzen Manhattans bietet sowohl optisch als auch akustisch beste Voraussetzungen für die bombastische Bühnenshow der schwarzen Soulfunker, die sich 1983 getrennt hatten.

Ein gut Teil der überwiegend farbigen Zuschauer hat sich schwer in Schale geworfen: penetrante, puffige Parfüms hängen in der Luft – dies ist eine demonstrativ festliche Angelegenheit. Schließlich gibt allein die Tatsache, daß man überhaupt ein Ticket für eine der fünf ausverkauften Shows ergattert hat, Anlaß zum Feiern.

Maurice White & Co., das sei vorweggenommen, wurden ihrem Ruf als phantasievolle Bühnenmagiere mehr als gerecht. Kein Wunder, bei den finanziellen Mitteln: Der Set soll eine runde Million Dollar gekostet haben. (Stig Edgrin, der den US-Besuch des Papstes in Szene setzte, war für die Bühne verantwortlich, „Thriller“-Choreograf Mike Peters für den Bewegungsablauf und Prince-Beleuchter Floyd Bennett fürs Licht.) Eine an das „Star Wars“-Intro angelehnte, gesprochene Ouvertüre machte den Anfang. Eine gigantische, grellbunte Erdkugel schwebt auf die Bühne herunter. Ein Tusch, wallende Nebelwolken, die Kugel klappt auf – und heraus klettert Maurice. Mit Abstand folgen ihm die anderen, ganz wie es sich gehört. Schließlich ist Maurice immer noch der Kopf der Band, auch wenn sein musikalischer Zögling Philip Bailey (nicht zuletzt durch seinen Alleingang mit Phil Collins) inzwischen populärer ist als der Chef. Phil sieht in seinem silbernen Body Suit und dem ebenfalls glitzernden Soldatenkäppi aus wie eine männliche Grace Jones. Gesanglich zeigt er sich an diesem Abend allerdings nicht in bester Form. Erst im zweiten Teil der Show läßt er seine Stimme im vollen Falsett erglänzen, singt dann aber seinen Kollegen Maurice glatt an die Wand.

Die Band mit Verdine White (Baß), Andrew Woolfolk (Sax), Ralph Johnson (Perc), und Sheldon Reynolds (Git) als geschrumpftem Kern sowie sechs Begleitmusikern verkündet die altbekannte EW&F-Botschaft von Frieden und Freundschaft in der bewährten Soul-Funk-Jazz-Mixtur. Nicht mit synthetischen Horns wie auf der LP, sondern mit Bläsern aus Fleisch und Blut.

Die alten Songs, Evergreens wie „Fantasy“. Schmachtfetzen wie „After The Love Is Gone“, die Coverversion vom Lennon/McCartney-Klassiker „Got To Get You Into My Life“ sowie „Sing A Song“ werden frenetisch gefeiert. Als Maurice und Phil jedoch gegen Ende des Spektakels drei neue Lieder aus dem TOUCH THE WORLD-Repertoire anstimmen, reagiert das Publikum nicht übermäßig enthusiastisch. Nur „System Of Survival“ findet halbwegs Anklang. Am Ende der Show sinkt – wer hätte es anders erwartet – wieder die Erdkugel auf den Bühnenboden. Ein Feuerwerk, die Jungs steigen im Sichtschutz des nachgeschickten Trockennebels ein. Doch Pustekuchen! Während die Erdkugel gemächlich nach oben entschwebt, schwenkt die Scheinwerfer-Batterie plötzlich zur rechten Seite des Zuschauerraumes. Und da stehen sie: Maurice, Phil und Verdine. Ein simpler Gag zwar, aber wirkungsvoll wie die meisten der Kunststückchen, die Earth, Wind & Fire in dieser Show demonstrieren.