Ed Suluvan Shows – The Beatles
„Wetten, dass?“. heute aus Bielefeld. Vorhin hat Thomas Gottschalk das Publikum in der Stadthalle begrüßt, und jetzt, kurz vor halb zehn, steht Marilyn Manson auf der Bühne. Und rockt das Haus. Ist das vorstellbar? Wohl kaum, auch wenn wir das Jahr 2004 schreiben und uns viel einbilden auf das angeblich tolerante „anything goes“. Anything goes eben nicht, Gottschalk bezieht Prügel, aufgebrachte „Bild“-Leser fordern seinen Kopf. Das nur als Ouvertüre, damit man sich vorstellen kann, was am 9. Februar 1964 in den New Yorker CBS-Studios vor sich ging: Show-Veteran Ed Sullivan, ein respektabler Conferencier alter Schule, hat die Beatles eingeladen. Zur besten Sendezeit. Der männliche Teil der Studiogäste ist sichtbar skeptisch an diesem Sonntagabend, denn da stehen vier Engländer auf der Bühne, mit spitzen Chelsea Boots, engen Hosen und langen Haaren. Oder was man damals dafür hält. Doch alles wird gut. Denn die weiblichen Gäste schreien sich vor Begeisterung in Rage. Ein klares Signal für skeptische Bürstenschnittträger: Wenn auch Du willst, dass die Mädels brüllen, sobald Du den Raum betrittst, dann lerne Gitarre und lass deine Haare wachsen. Was dann auch einige taten. 73 Millionen Amerikaner saßen vor dem Bildschirm, damals Weltrekord. Die Beatles hatten die USA erobert, mit „All My Loving“, „Till There Was You“, „She Loves You“, „I Saw Her Standing There ….. und „I Want To Hold Your Hand“. Live, ohne Playback. Nächsten Sonntag waren sie wieder dabei, und am übernächsten , auch. In einem Rahmenprogramm im Stil der Zeit, mit Cilla Black, Cab Calloway, Zauberern, Musical-Stars, Komödianten, tanzenden Puppen (sehr bizarr) und anderen Variete-Acts. Nicht zu vergessen die Werbeeinblendungen für Schuhcreme, Fertigkuchen und Instant-Tee. Alles mono, alles schwarzweiß, heute optional in Dolby 5.1. Im Herbst 1965 kamen sie dann nochmal vorbei, mit sechs Songs und noch längeren Haaren, und Ringo durfte sich für „Act Naturatly“
selbst ankündigen: „All nervous and out of tune -Ringo!“ Zum Finale gab’s „Help!“, dann sagten die Beatles Mr. Sullivan Lebe-,: wohl, kehrten nie zurück und schickten fortan Promofilme. i: ed sullivan shows enthalt die vier kompletten Sendungen mit 20 Beatles-Songs. Zwei DVDs, vier Stunden Laufzeit. Eine Zeitreise in ein anderes TV-Jahrtausend, bisweilen eigenartig, aber amüsant. Die Beatles als Könige von einem anderen Stern, cooler als der Rest, mit Sex-Appeal und wissendem Lächeln, wenn die Mädels wieder ausrasteten. Dank an die jungen Amerikanerinnen. Und an einen alten Amerikaner, der 1971 in Rente ging und drei Jahre später 72-jährig starb. Der vor 40 Jahren mutiger war als heute Thomas Gottschalk.