Ein Löffel voll Liebe
Weiches, wonniges We-are-Family-Gefuhl: Die Neo-Hippies erobern mit einem einnehmenden Grinsen.
Am Ende werden dann sogar Feuerzeuge geschwenkt. Kein flammendes Heer, so drei, vier sind es, aber die reichen, um deutlich zu machen, in welcher Stimmung sich das Publikum im Gebäude 9, Kölns Premium-Männerklo-Desaster-plus-lndie-Club, an diesem Abend befindet. Zwei Tage zuvor gab es hier noch Bang-Bang-Rock’n‘ Roll mit Art Brut. Aber irgendwann hat man ja mal genug von geiler Hüpf-Hektik. Beruhigt nehmen wir zur Kenntnis, daß England noch Bands hervorbringt, die anders aussehen und ganz anders klingen als dergesammelte Neo-Art-Post-Wave-Punk. Und nun möchten wir ein bißchen stillvergnügt und großäugig mitsummen, ein weiches, wonniges We-Are-Family-Gefühl haben und dabei dann auch mal ein Feuerzeug hochhalten. Ist schließlich kein Vorrecht von Eros-Ramazotti-Kunden. Bevor wir uns aber von den Londoner Neo-Hippies vollends verzaubern lassen, schnell noch ein paar neue Schweden. Kann man ja auch immer gut gebrauchen. Die Shout Out Louds könnten heute auch Don’t Talk Too Muchs heißen. Fast moderarionslos reiht sich toller Song an tollen Song, nur das sonnige „100“‚ fehlt. Trotzdem sieht und hört man gern, wie sich da drei Gitarrenherren ordentlich reinschmeißen, während Keyboarderin Bebban- die auch Mund- und Zieharmonika bedient-fast über den Dingen schwebt.
Daß die Shout Out Louds wohlwollend goutiert, aber nicht abgefeiert werden, mag am Gebäude-9-Matschsound liegen, der das Filigrane ihrer Musik ein wenig verschmiert. Freilich könnten hierund heute auch, sagen wir, The Futureheads spielen und neben dem Beglückungsfaktor der Magic Numbers verblassen. Sogar die paar Doofen, die erst noch Leibesumfangs-Witze machen „Next Big Thing“, verstehste?
Big. Verstehste? halten bald den Schnabel und sind angemessen berührt. Weil sie merken, daß ein breites Gesicht wie das von Frontbär Romeo Stodart eben vor allem viel Platz bietet für ein einnehmendes Grinsen. Und daß es ziemlich sexy ist, wie sich Engelsstimme Angela Gannon ab und zu das T-Shirt über den kleinen Bauch zupft. Und überhaupt. Alles, vom Duett-Gesang über den „Bababaa“-Chor bis zu Romeos famosem Gitarrespiel – alles gerät perfekt, ohne zu routiniert zu sein. Und weil das so ist, darf diese Bandauch Mitklatsch-, Mitsing- und „Say Hooo!“-Spielchen mit uns veranstalten. Ist schließlich kein Vorrecht von Westernhagen. Am Ende des mutig angelegten Sets – den Hit „Mornings Eleven“ gibt’s erst als allerletzte Zugabe – dann die Feuerzeuge. „Do you believe in magic?“, fragten Lovin Spoonful, einer der Haupteinflüsse der Numbers. Tun wir, aber da fehlt ein S. Christian Möller
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