Eine Liebe zur Musik: „Grand Hotel Van Cleef“
Es soll Leute geben, die arbeiten in der „Musikbranche“, weil sie Musik lieben. Die sind aber eher selten anzutreffen. Häufigerarbeiten Leute in der Musikbranche, die es „cool“ finden, in einer „coolen“ Branche zu arbeiten, und weil sie das Geld, das man mit Musik [immer noch] verdienen kann, lieben – mehr als die Musik jedenfalls. Letztere sind indirekt dafür verantwortlich, daß es heute „Grand Hotel Van Cleef“ gibt, das Indie-Label, das Thees Uhlmann mit Marcus Wiebusch und Reimer Bustorff von Kettcar im Herbst 2002 gegründet hat.
Im Frühjahr2002 waren Kettcar zusammen mit Tomte auf Tournee. Kettcar war damals eine Band ohne Platte und ohne Plattenvertrag. „Bei den Konzerten sangen 200 Leute ihre Songs mit, obwohl es die nur im Internet gab“, sagt Uhlmann. Das machte auch ein paar der Leute aufmerksam, die in der Musikbranche arbeiten, weil sie das Geld lieben- mehr als die Musik. Drei große Plattenfirmen gaben vor, an Kettcar interessiert zu sein. „Finden wir gut. Macht mal eine Platte, wir einigen uns dann schon“, hieß es. Kettcar nahmen ihr Album auf, und „die Leute von der Plattenfirma hoben gesogt: Hey, wißt ihr was? Ihr seid zu alt, ihr seid zu häßlich und ihr singt auf deutsch. Das ist Pur für Alkoholiker. Das ist wirklich mal gesagt worden“, erinnert sich Uhlmann.
Irgendwann saßen er und Wiebusch mit Daniel Lieberberg, heute Director Rock/Progressive bei Universal Music, zusammen. Lieberberg meinte: „Warum macht ihr das denn nicht selber? Ihr könnt das doch altes“
Wiebusch hatte schon vorher ein eigenes Label aufgezogen. BA Records, und eigentlich keine Lust mehr, auf der anderen Seite zu stehen. „Da saßen Wiebusch und ich“, erinnert sich Uhlmann, „sein Label hat ihn genervt, aber ich hob‘ noch nie so schnei Flammen auflodern sehen in den Augen von jemanden. Dann haben wir uns zusammengesetzt und gesagt, okay, wir machen unser eigenes Label. Dann hat Marcus Reimer Bustorff davon erzählt. Der meinte Ja. okay, aber nur, wenn ich mitmachen darf Weil der keinen Sock mehr auf Studieren hatte. Dann haben wir innerhalb von sechs Wochen die Keltcar-Platte rausgebracht.“
Als DU UND WIEVIEL VON DEINEN FREUNDEN dann veröffentlicht wurde und die ersten Artikel in der Musikpresse erschienen, meldeten sich innerhalb einer Woche alle großen Plattenfirmen bei Wiebusch und Uhlmann und fragten, ob man denn nicht doch noch irgendwie zusammenarbeiten könnte. Zu spät. Und noch ärgerlicher für Geld-mehr-als-Musik-Liebhaber: Das zweite Kettcar-Album von SPATZEN UND TAUBEN, DÄCHERN UND HÄNDEN verkaufte sich bis jetzt 60.000mal.
Der Name des Labels war die Idee von Tomte-Schlagzeuger Timo Bodenstein. Das zweite Tomte-Album EINE SONNIGE NACHT sollte auf Uhlmanns eigenem Label erscheinen. Das hatte aber noch keinen Namen. Uhlmann fragte Bodenstein, ob er eine Idee hätte. Und er hatte:. „Tia, Hotel Van Cleef. Hotel, weil ich aus der Gastroszene komme, und Van Cleef, weil sich das geil anhört – nach dem Schauspieler Lee Van Cleef, der in den 60er und 70er Jahren einen zweiten Frühling in Italo-B-Western erlebte. Nach der „Fusion“ wurde aus dem „Hotel Van Cleef“ das „Grand Hotel Van Cleef.“ Mittlerweile ist das Label eine der feinsten Adressen im (deutschen) Indie-Pop. Neben Tomte, Kettcar, Olli Schulz und der Hund Marie und der Hansen Band veröffentlichten Bernd Begemann und die Befreiung, Death Cab For Cutie, Home Of The Lame, Maritime und Marr ihre Platten beim „Grand Hotel“. Oberste Label-Prämisse: Die Künstler sollen langfristig von ihrer Musik leben können.
Die Aufgaben im „Grand Hotel“ sind klar verteilt: Wiebusch kümmert sich um die Administration, Bustorff um Finanzen und Controlling, Uhlmann um die Promotion, er ist“.der Mann nach draußen“, der die Presseinfos schreibt. Sein größter Moment in der kurzen Geschichte des Labels ?Als Jürgen Vogel und Heike Makatsch bei „Wetten, dass …?“ auf der Couch saßen zur Promotion des Films „Keine Lieder über Liebe“. „Wetten, dass…?-Gucken ist eine meiner frühesten Kindheitserinnerungen“, sagt Uhlmann…Und dann hängt da deine Labelfahne. Da halte ich einen größeren Klops im Hals als vor den Auftritten im Vorprogramm von Coldplay.“