Eine schmächtige Kino-Komödie mit Schwergewicht Meatloaf
„Bands make ist rock, but the roadies make it roll“.
Ich las diesen Satz auf dem Cover des Soundtracks von .Roadie“ und war von einem so simplen Gedanken fasziniert. Das Wort Rock’n’Roll war in seine Bestandteile zerlegt und zu einem griffigen Slogan verarbeitet worden. Doch als ich die Plattenhülle genauer ansah und die Doppel-LP auflegte, fühlte ich mich getäuscht: mehr als diesen hintersinnigen Spruch hatten die Warner Brüder nicht zu bieten. Blondie ist fad, Alice Cooper hat keinen Biß, Hank Williams jr. zehrt nur vom guten Namen seines Vaters und so weiter und so weiter.
Nun sollte man eigentlich vorsichtig sein. Ein mäßiger Soundtrack bedeutet nicht unbedingt, daß der Film nichts ist. Also ging ich in der schweißtreibenden Sommerschwüle in ein kühles Münchner Kino, um für meine sieben Mark etwas zu sehen zu bekommen. Ich sah Meatloaf und Kaki Hunter und Art Carney. Und ich sah auch Blondie, Alice Cooper, Hank Williams jr. und auch noch Roy Orbinson und versuchte, die guten Geister des Rock’n‘-Roll, die hier so groß angepriesen worden waren, zu verstehen. Ich verstand nur soviel: Meatloaf gerät per Zufall an einen Tournee-Tross, verliebt sich per Zulall in ein Mädchen, das auf den fürchterlichen Namen Lola Bouilliabaisse hört, wird per Zufall plötzlich von der Polizei verfolgt und flieht von Texas, wo er als bodenständiger Alleskönner und Nichtsnutz im Erfinderparadies seines Vaters gelebt hat, nach Kalifornien. Von da ab bekommt die Geschichte einen leicht rötlichen Faden. Denn Travis W. Redfish (so heißt Meatloaf in dem Streifen) hat mit seiner Unbekümmerheitheü immer das richtige zur Hand (oder im Kopf), um sich als bester Roadie der Welt zu profilieren. Und die fesche Lola, die er anbetet, zieht es zu Alice Cooper nach New York. Sie möchte nämlich das größte Groupie der Welt werden und Alice Cooper ihre Jungfernschaft vermachen. Redfish sieht das notgedrungen ein und bringt sie hin. Doch Lola sieht am Ende ein, daß sie mit Travis viel besser dran ist und folgt ihm nach Texas, wohin der inzwischen zurückgekehrt ist.
Das ist alles sehr leicht zu verstehen. Um dieser simplen Handlung zu folgen, muß man nicht die High School besucht haben. Regisseur Alan Rudolph haut den Zuschauern den derben Klamauk um die Ohren, daß es knattert. Und natürlich gibt’s am laufenden Band Rock-Musik – von der schon beschriebenen Art. Meatloaf, der trottelig dreinblickende Fleischkloß, ist eine Figur, um die herum man keine ernsthafte Story aufbauen kann. Seine Angebetete verbreitet ländlichen Charme und Chic, daß es einem schon leid tut. Und die Musiker sind schwache Staffage in einer Rock n’Roll-Klamotte, deren Humor noch lange nicht jeden zum Lachen bringt.
Zwei Schlußbemerkungen: wer einen solch griffigen Slogan hinbekommt, hat noch lange keinen Film im Koffer, der über Bud-Spencer-Niveau liegt. „Roadie“ ist Hollywoods Antwort auf den Erfolg der Rockmusik und versucht nur, die Leute mit ein paar hinlänglich bekannten Namen ins Kino zu locken.
Das Zweite: ich hatte darauf gehofft, daß ein Film mit diesem Titel die Arbeitsbedingungen und das rauhe Leben der Tourneekulis zu beschreiben versucht. Viele Roadies sind junge Männer, die davon träumen, mal selbst auf der Bühne zu stehen. Und es reicht ihnen nicht, für die Plackerei mit einem mittelmäßigen Bums-Erlebnis mit irgendeinem Mädchen entschädigt zu werden, das den Star nach dem Auftritt nicht an die Angel bekam. Der deutsche Regisseur Roald Keller hat mit „Johnny West“ diese Perspektive vor drei Jahren verarbeitet. Leider war der Film mit dem „Ton, Steine, Scherben“-Sänger Rio Reiser ein intellektuell zu überdrehter und viel zu provinzieller Streifen. Doch „Roadie“ ist mit seinem plumpen Unterhaltungsanspruch nicht besser, nur lauter.