Eiszeit im Kino – „Am Anfang war das Feuer“


In Frankreich verzeichnet der Film Besucherrekorde. "Am Anfang war das Feuer", basierend auf einem Buch des Belgiers ]. H. Rosny, ist ein erster Versuch, unsere behaarten Vorfahren auf der Leinwand einmal nicht ab keulenschwingende Comic-Monster darzustellen.

Es gibt einen wesentlichen Irrtum über den Urmenschen. Das ist diese falsche Vorstellung, daß er ein riesiges Monster war, das immer Frauen an den Haaren durch die Gegend schleifte …“ Zitat des Zoologen und Verhaltensforschers Desmond Morris („The Naked Ape/Der Nackte Affe“) zur jüngsten Filmsensation „La Guerre Du Feu“ – „Am Anfang war das Feuer“. Morris erarbeitete mit den Schauspielern, die an diesem abenteuerlichen Filmprojekt mitwirkten, eine Körpersprache, die den hier gezeigten Typus des Ur-Menschen über das überstrapazierte Comic-Niveau hinausbringen sollte. Da jeder bei dieser Thematik automatisch die mit Ringo Starr und Barbara Bach inszenierte Steinzeit-Klamotte „Caveman“ assoziiert, sei gleich eingangs betont, daß es sich hier um einen ersten ernsthaften Versuch handelt, uns im Kino 80.000 Jahre zurückzuversetzen.

Die Vorstellung, die Regisseur Jean Jacques Annaud und Drehbuchautor Gerard Brach von der Eiszeit und des damals lebenden Homo Sapiens entwickelten – basierend auf dem Kinderbuch des Belgiers J.H. Rosny, „La Guerre du Feu“ – führte in Frankreich bereits zu Besucherrekorden. Anthony Burgess, Autor von „Clockwork Orange“ erfand als Linguistikexperte eine plakative Phonetik. Die eigentlichen Stars des Filmes sind diesmal definitiv die Maskenbildner, die insgesamt 150 Masken herzustellen hatten. Ausgeklügelte Kunststofflarven veränderten die Gesichtszüge (je nach „Intelligenzgrad“ unserer Vorfahren), stundenlange Sitzungen waren nötig, um die haarige und zerschundene Körperoberfläche nachzuempfinden. Aus Tierparks wurden Wölfe, Büffel, Bisons, Steinböcke und Wildpferde ausgeliehen. Elefanten sahen sich mit schwarzen Zotteln überzogen plötzlich als Bisons wieder und aus Löwen wurden mittels angeklebter Reißzähne Säbelzahntiger.

Die Schauspieler schließlich kämpften sich barfuß, einige von ihnen sogar nackt, durch Kalte und unwegsames Drehgelände (Schottland und Kenia) – die Geschichte dieses Filmes ist fast so aufregend wie die Aktion auf der Leinwand, die für zartbesaitete Gemüter zuweilen aber doch recht hart rüberkommt. Aber wenn seinerzeit zwei Stämme aneinander gerieten, gab es gefährliche Wunden – oder wertvolle Errungenschaften wurden einfach ausgelöscht. Wie das Feuer, das die Ulam seit Generationen hüten, aber nicht entfachen können. Und die darauffolgende Odyssee des cleveren Naoh (Everett McGill, bekannt aus „Brubaker“) und seiner zwei dumpfen Weggenossen führt nicht nur zur Eroberung der Flamme, sondern bringt sie auch kulturell weiter.

Aus der Gefangenschaft eines Kannibalen-Stammes retten sie das Mädchen Ika (gespielt von Tommy Chongs 20jähriger Tochter Rae Dawn Chong). Und ihr Stamm, die Ivaka, beherrscht außer primitiven Handwerkskünsten die Kunst des Feuermachens. Natürlich ist „Am Anfang war das Feuer“ auch so etwas wie eine urzeitliche Liebesgeschichte und zwar kaum noch als solche zu überbieten, wenn Naoh, seine schwangere Ika im Arm, hingebungsvoll in den Vollmond schaut und ihr in einem Anflug von Verstehen über den Bauch streicht. Naja…

Ein Kinohit, wie gesagt, in Frankreich. 13 Wochen Dreharbeiten, 12 Millionen Dollar an Kostenaufwand. Vier Jahre hat es gedauert, bis der Film verwirklicht werden konnte. Der Krieg um das Feuer war für das Produktionsteam ein Krieg gegen die Zivilisation geworden. Zum Beispiel hatte man gerade für erste Dreharbeiten ein isländisches Dorf evakuiert, als in Hollywood der Schauspielerstreik ausgerufen wurde, so daß man das ganze Unternehmen nach Schottland umkommandieren mußte. Aber das ist eine andere Geschichte.

NEONSTADT über die modische Anbiederung in diesem Filmtitel kann man getrost hinwegsehen. Auch die Musik von D.A.F. und den Fehlfarben („Was ich haben will, das krieg ich nicht. . .“/Paul ist tot) muß nicht als Zugpferd für ein krampfhaft modernes Lichtspiel herhalten. Fünf Episoden, jede ein Spielfilmdebüt von Absolventen der Münchener Hochschule für Femsehen und Film, gehen nicht ohne Humor mit dem vielstrapazierten Thema der individuellen Vereinsamung um. Szenekneipen, Stundenhotels, In-Discos, Betonkäfige; Mauerblümchen, Nachtfalter, Durchschnittshänger, Möchtegerne… unterhaltsam!