ElektroCouture: Ein Nerd-Mädchen bringt die (Mode-)Branche zum Strahlen
ElektroCouture vereint Mode und Technologie zu neuen Designs. Mit LED-Lämpchen, 3D-Druckern und Biochemie kreiert sich die Gründerin des Start-ups, Lisa Lang, eine neue, leuchtende Modewelt.
„Gehts dir gut, baby?“, fragt Lisa Lang und beugt sich dabei über ihren pinken Mini-3D-Drucker. Ein bisschen schräg ist das selbsternannte Nerd-Mädchen mit ihren signalroten Haaren und dem eloquenten Auftreten. Und das ist gut so, denn als „Normalo“ hätte die toughe Geschäftsfrau sich nicht in einem Markt durchgeboxt, der so neu ist, dass er noch nicht einmal einen Wikipedia-Eintrag hat.
Fashiontech ist die Mode der Zukunft, doch bislang wissen das nur Wenige. Mit ihrer Firma ElektroCouture arbeitet die 33-Jährige seit 2013 daran, eine Industrie umzukrempeln, in der es die letzten Jahre kaum Innovation gab: Anstatt neue Designs zu erschaffen, wiederholte man in der Modebranche konsequent die alte Looks, Muster und setze auf bekannte Materialien.
„Als kleines Nerd-Mädchen wollte ich etwas haben, das leuchtet.“
ElektroCouture: Tragbares Licht…
Als IT-lerin, Fotografin und Modefan beschloss Lang eines Tages ihre Leidenschaften zu kombinieren. Zuerst designte sie einfach für sich selbst: „Als kleines Nerd-Mädchen wollte ich etwas haben, das leuchtet.“ Doch ihre blinkenden Jacken und Ketten zogen auch andere Menschen in ihren Bann.
Tragbares Licht, lautet alsbald das Motto von ElektroCouture. Die Vision? Technologie in Mode zu integrieren, anstatt Geräte zu stylen. Lang besetzt ihre Kleidungsstücke nicht mit Strass, sondern mit LED-Lämpchen. Glow-in-the-dark-Materialien geben wiederum dem kleinen Schwarzen das gewisse Etwas im Dunkeln und der 3D-Drucker zaubert ungewohnte Formen direkt auf die Textilien.
Dabei können die Designs zum Teil auf ihre Umgebung und ihren User eingehen. Die LED-Blitze auf dem Tweed-Jackett der Herbst/Winter Kollektion 2016 wechseln beispielsweise die Farbe indem der Träger dies über sein Smartphone steuert.
Manche Teile sind mittlerweile sogar mit einer Audiofunktion ausgestattet: So reagiert das Licht eines Light-Capes mit den synthetischen Federn auf den Beat von Musik oder auf Klatschen. Für Lang bedeutet das „eine Interaktion mit der Umgebung ohne, dass es gruselig wird“.
…und intelligente Kleidung
Die Teile müssen dabei genauso komfortabel und waschbar sein, wie herkömmliche Bekleidung – trotz integrierter Batteriesysteme, 3D-bedruckten Pullis und neuen Materialien.
Das beste Beispiel dafür ist vielleicht die Kollektion „Inforce Yoga“. Die Designerin Lilien Stenglein von Finess Design nahm dafür Langs „Designer in Residence Program“ war und benutzte das Studio sowie ihre Maschinen für die Ausarbeitung. Bestehend aus sogenannten „Smart Textiles“ neutralisiert die Kleidung Gerüche, reflektiert Elektro-Smog und gibt Körperwärme zurück. Patches dieser Textilien liegen über vier der sieben Chakren sowie unter den Achseln. Auch die strahlenabweisende Handytasche darf nicht fehlen.
Berlin als Fashion-Tech-Hochburg
Aus diesem Grund werden ihre Entwicklungen in der Startup- und Tech-Welt gerne als Wearables bezeichnet. Diese Kategorisierung lehnt Lang strikt ab. Mit Fitness-Trackern wollen weder sie, noch Vertreter der Modebranche in einem Atemzug gennant werden: „Wenn Designer das Wort Wearables hören zucken sie zusammen oder rennen weg“, weiß Lang und ergänzt: „Fashiontech bildet eine Kategorie für sich. Punkt.“
„Meine große Mission ist es, Berlin international als die Fashion-Tech-Hochburg aufzubauen.“
Bei der Berliner Fashion Week ist die „Konferenz der Modezukunft“, oder einfach die Fashiontech, bereits fixer Bestandteil. Auch hier hat Lang als Kuratorin ihre Finger im Spiel. In den Kreisen gilt sie als Festung innerhalb der Szene. Dafür braucht Lang natürlich eine Burg: „ Meine große Mission ist es, Berlin international als die Fashion-Tech-Hochburg aufzubauen.“
Wenn Mäntel zum Leben erwachen und Leder aus Pilzen besteht
Ihre LED-Glühwürmchen-Kleider, leuchtenden Schals und blinkenden Ketten gelten schon jetzt unter Insidern als Must-haves. Bald kommen vielleicht sogar lebende Pilz-Jacken hinzu. Denn der nächste Schritt ist das hauseigene Bio-Lab: „Leder ist schwer zu imitioeren. Aber es kann auch ein cooles Gefühl sein, synthetisches Leder anzufassen, das von Pilzen generiert wurde.“
„Im kommenden Juli würde ich gerne ein wachsendes, bewegliches, tragbares, ästhetisches und am besten leuchtendes Ding präsentieren.“
Mit einer eigenen Moos-Zucht experimentiert Lang bereits: „Stell dir einmal vor, du trägst den Geruch von Moos. Das ist total spannend, weil man es auch beim Tragen mit Wasser am Leben erhalten muss. Das müssen wir ausprobieren“. Mit Begeisterung sinniert die Designerin über ihre Zukunftsvisionen. Wenn es nach ihr geht, sind diese gar nicht so weit entfernt.