Elvis Tagebücher entdeckt


Nach einer jahrelangen abenteuerlichen Suche, die ihn durch alle fünf Kontinente führte, konnte ME/Sounds-As-Reporter G.E. Rücht gestern der staunenden Weltöffentlichkeit bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz in Genf drei der insgesamt vierzig bis dato völlig unbekannten Tagebücher des 1977 verstorbenen Rock 'n' Roll-Königs Elvis Aron Presley präsentieren.

G. E. Rücht wahrhaft sensationeller Fund ist eigentlich das Ergebnis einer Urlaubsreise, die ihn im vergangenen Jahr nach Havana/ Kuba führte. Dort nämlich, auf dem De Armas Square, wo allsonnabendlich ein Trödelmarkt stattfindet, stieß er auf ein Elvis-Bootleg, von dem der Verkäufer steif und fest behauptete, es sei anno 1960, kurz nach Elvis‘ Entlassung aus der Armee, im Copa Room-Cabaret mitgeschnitten worden.

Sogar Fidel Castro sei an jenem denkwürdigen Abend zugegen gewesen: Er selbst habe den großen Revolutionsführer, den extra zum Elvis-Gig angereisten Nikita Chruschtschow und den Rock ’n‘ Roll-König nach dem Konzert in angeregtem Gespräch gesehen.

Und wenn ihm G. E. Rücht nicht glaube, dann solle er sich doch mal bei Senior Felipe Fernandez im Hotel Nacional nach den Fotos erkundigen.

Senior Fernandez, der sich anfänglich zierte, nach Überreichung von fünf Hundert-Dollar-Noten aber immer zugänglicher und gesprächiger wurde, hatte Fotos. Und was für welche: Elvis in der Uniform eines russischen Majors, Elvis mit der Kalashnikow im Anschlag, Elvis mit zum sozialistischen Gruß emporgereckter Faust, Elvis vor einer geheimen Raketenstation in der Schweinebucht usw.

Aber rausnicken wollte Fernandez die sensationellen Fotos auf keinen Fall.

Doch als Senior Fernandez dann G.E. Rüchts enttäuschtes Gesicht sah, kritzelte er flugs einen Namen plus Adresse auf ein Stück Papier. Es handele sich, so erläuterte er, um einen ehemaligen kubanischen Cadillac-Händler, der inzwischen nach Australien ausgewandert sei.

Dieser Pedro Chorrera habe Elvis bei seinen häufigen Kuba-Besuchen immer mit den neuesten Cadillac-Modellen versorgt, die dieser nach seinem Eid auf das kommunistische Manifest zu Dutzenden an die Land- und Stadtbevölkerung zu verschenken pflegte.

Nur bei seinem privaten Cadillac, stets ein nagelneues Coupe De Ville, sei Elvis äußerst pingelig gewesen, denn er habe stets darauf geachtet, daß die Achtzylinder-Maschine gegen ein zweizylindriges Lada-Aggregat ausgetauscht worden war.

„Ach, El Elvis genoß es, dem Klang des sozialistischen Zweitakters zu lauschen, wenn er seine Ausflüge in die Zuckerrohrplantagen nahe Villa Loma machte“, sprach Fernandez mit glänzenden Augen.

Aber G.E. Rücht hörte dem alten Mann schon gar nicht mehr zu, sondern war bereits auf dem Weg zum Flughafen, wo er eiligst eine Cubana-Maschine bestieg. Nach mehreren abenteuerlichen Flugzeug- und Richtungswechseln landete er zwei Tage später in Perth, Australien, wo er sofort Pedro Chorrera, der sich nun Peter Cadera nannte und dem Kommunismus abgeschworen hatte, aufsuchte.

Cadera wußte so einiges. So erzählte er z. B. von dem aus der DDR stammenden Bäcker, der Elvis tagtäglich mit den heißgeliebten Ost-Berlinern versorgt habe, die zunächst Elvis‘ Bauchumfang ms Unermeßliche getrieben und schließlich zu seinem frühen Ableben geführt hätten.

„Aber EI Rey (The King für alle, die des Spanischen nicht mächtig sind) hebte diese süßen, fettigen Pfannkuchen. Jeden Abend, wenn er sich zum Studium des „Kapitals“ in die Bibliothek seiner Hazienda zurückzog, bestellte er sich em Dutzend. Manchmal, wenn ihm em bestimmtes Marx-Zitat besonders gefallen hatte, sogar zwei“

Und dann, mitten im Gespräch, erwähnte Cadera die schwarzen DIN A 5-Kladden, und G. E. Rücht war plötzlich ganz Ohr. Ja“, meinte Cadera, „jedesmal wenn El Rey seinen Cadillac zur Inspektion gebracht hat – ich meine, er-kaufte sich etwa alle vier Monate em neues Modell dann lagen neben der US-Ausgabe der „Prawda“ immer diese schwarzen Bücher, die neben dem Sowjetstern noch Elvis‘ Initiale trugen, im Handschuhfach.

Irgendwann hat Elvis mal scherzhaft zu Miguel, meinem Mechaniker, gesagt, das wäre seine Abrechnung mit Jerry Lee Lewis, Little Richard und der ganzen konterrevolutionären Rock h‘ Roll-Bewegung. Vor allem aber mit Pat Boone, diesem Bänkelsänger der herrschenden weißen Ausbeuterklasse.

Und überhaupt, sein „Love Me Tender“ sei von allen westlichen Papiertigern völlig mißverstanden worden, denn dieser Song sei seine persönliche Hymne an Old Carl (womit nur Karl Marx gemeint sein kann – die Red.) gewesen.

Nach diversen Cuba Libre und einer Zuwendung in Form von australischen Dollars, die den Redaktions-Etat von ME/ Sounds bei weitem übersteigt, ließ Chorrera alias Cadera die Katze aus dem Sack; er verriet G.E. Rücht nicht nur, daß Elvis‘ geheime Tagebücher in einem feuer- und wasserfesten Safe an Bord der vor Miami versunkenen Yacht „Priscilla“ lägen, nein, er hatte sogar noch die genauen Koordinaten parat.

Wie es nun zu dem Fund der geheimen Tagebücher wirklich kam, das kann die Redaktion vielleicht einmal in zehn Jahren verraten. Momentan müssen wir aus Gründen, die nicht zuletzt G E. Rüchts Sicherheit betreffen, leider noch schweigen.

Doch soviel können wir jetzt schon verraten: ME/Sounds wird ab dem nächsten Heft exklusiv mit dem Abdruck von Elvis‘ geheimen Tagebüchern beginnen, und der Schwerpunkt wird dabei auf dem Kapitel liegen, das Elvis so überschrieb: „Wie ich Richard M. Nixon mit meinem Song „Don’t Be Cruel“ auf das monopolkapitalistische Glatteis führte“.

Vielleicht noch ein paar abschließende Worte zu der gestern stattgefundenen Pressekonferenz, die ja wohl jeder im Fernsehen verfolgt hat. Colonel Tom Parker verstieg sich z.B. kaum daß die Kameras abgeschaltet waren – zu der Behauptung, nun müsse die Geschichte des Rock ’n‘ Roll völlig neu geschrieben werden. Und Little Richard ließ per Telex a us seiner Bibelfabrik in San Fernando wissen, er habe schon immer gewußt, daß Elvis Presley der personifizierte Antichrist gewesen sei Nur Pat Boone, inzwischen zum Aufsichtsrat der milchverarbeitenden Industrie der USA aufgestiegen, schoß mal wieder quer, als er behauptete, Elvis‘ geheime Tagebücher seien von keinem Geringeren als George Harrison gefälscht worden, denn schließlich sei der ja seit „My Sweet Lord“ Experte in solchen Dingen.

Doch da die ME/Sounds-Redaktion solchen Querulanten selbstverständlich kein Gehör schenkt, beginnen wir im nächsten Heft unverdrossen mit dem Abdruck von: ELVIS‘ GEHEIMEN TAGEBÜCHERN!!!