ELVIS – und andere Trauerspiele
Frage: Was haben Elvis (tot) und die Jugend (vom Aussterben durch Verblödung bedroht) gemeinsam? Antwort: Die bedauerliche Tatsache, ARD und ZDF in die Finger gefallen zu sein.
Fangen wir mit dem armen Elvis an. Der King, dem wir es wohl zu verdanken haben, daß das in den 50er Jahren noch geflügelte Vater-Wort „Stell die Neger-Musik aus!“ heute zu absoluter Bedeutungslosigkeit verkommen ist, aß am 16. August 1977 einen letzten gefüllten Berliner zuviel und verstarb. Friede seiner Asche…
Aber nein. Irgendein Hirni bei der ARD hatte sieben Jahre später die famose Idee, den 50. Geburtstag des King feiern zu lassen. Am 4. Januar 1985 ließ er dann diese gedankliche Ausgeburt durch den Seichtmeister Pit Weyrich in die Tat umsetzen. Der heuerte selbstredend nur das an, was er schon seit Jahren – egal für welchen Zweck – schon immer angeheuert hatte: die (vermeintlichen) Spitzen des deutschen Showgeschäfts – einmal querbeet von Howard Carpendale bis Helga Feddersen.
Die Frage, was denn diese Schaumschläger je mit Elvis zu tun hatten, tangierte seinen Biedersinn natürlich nicht die Bohne, raubt mir aber seit jenem verhängnisvollen Fernsehabend die wohlverdiente Nachtruhe. Oh, ich seh‘ sie noch vor mir; den Peter Maffay z.B., wie er ach so larmoyant über Elvis schwafelte, als habe er anno 1936 in Tupelo mit ihm Förmchen im Sandkasten gebacken. Und noch heute bin ich der felsenfesten Überzeugung, daß – gäbe es auch eine klitzekleine Form von Gerechtigkeit – sich der verhangene Himmel hätte auftun und Elvis ihm ein infernalisches „You’re nothing but a hound dog“ ins Studio hätte brüllen müssen.
Bei Peter Maffays 50. Geburtstag – nur mal angenommen, er würde bei einem seiner Kanada-Trips einem Grizzly in die Klauen fallen – müßte das nach diesem ARD-Proporz dann so aussehen, daß auch Heintje, Nicole und Nikki das Recht hätten, diesem Garanten deutschen Musikschaffens Tribut zu zollen.
Ich meine, wenn das Schule macht, dann werden wir es bestimmt noch erleben, daß zum Anlaß von Goethes x-tem Geburtstag diverse „Kommissar-X-Autoren via Satellit eine Laudatio vom Stapel lassen dürfen.
So viel zum bedauernswerten Elvis, kommen wir nun zur nicht minder bedauernswerten Jugend. Schon gemerkt, liebe Jugend? 1985 ist Euer Jahr! Und da lassen weder ARD noch ZDF etwas anbrennen.
Während „das Zweite“ mit Aufzeichnungen diverser „Rock-Pop In Concert“ und Übertragungen aus einer Neuwieder Disco (zu deren Tonspuren die geladenen Gäste mal wieder nur mimen durften), glänzen konnte, brillierten die Mannen vom „Ersten mit einer endlos langen Nacht, die den Titel „Europe ä gogo“ trug.
Bei „Gogo“ ist dann natürlich auch prompt dem deutschen Redakteur was eingefallen – und so durfte ein unbedarftes Pärchen samt eines Kontrabasses in einem Gefährt gleichen Namens durch die deutschen Lande düsen und dort selbstredend auch auf den Elvis-Nachrufer Udo Lindenberg treffen, der diesmal der Jugend Europas verklarte, wie wir Deutschen so sind und was Deutsche im Kopp haben, nämlich Sauerkraut, dicke Titten und Autobahn. Das Ganze natürlich in allerfeinstem Pidgin-Englisch, damit auch Johnny Average im fernen Newcastle uns Udos Mässidsche versteht.
Gibt es denn niemanden, der diesem grausigen Tun Einhalt gebietet? Niemand, der diese Jugend vor dem Schicksal des deutschen Waldes bewahrt, dem man zwar nur einen Tag widmete, an dem man ihn besang und zu wachsen anflehte, aber anschließend herzlos dem sauren Regen und den Borkenkäfern überließ?
Wer, nur wer, bewahrt den fernsehgestraften deutschen Nachwuchs vor weiteren ARD-Jugendabenden? Nach „Klons“ (kotz!), „Erbarmen, die Hessen kommen“ (ein selten treffender Titel) und ähnlichem landsmannschaftlich durchwobenen Fernseh-Jugend-Tief- und Unsinn durften nun auch die Südwestfunk-Mannen zeigen, daß sie sich ein Bild von besagter Jugend gemacht hatten.
Und wie sie’s taten. Kleinkariert wie so einige Häuslebauer und Viertele-Trinker im badischen Raum wohl sein müssen, gaben sie ihrem Versuch den schwer köpf- und aussagelastigen Titel „Jugend-Stil“. Wo doch jeder sehen konnte, daß das reinster baden-badenscher „Biedermeier“ war!
Von so verschnarchten Musikbeiträgen ä la BAP (Kann man denn diese Kapelle nicht mal auf Urlauber-Unterhaltungstour nach Mallorca schicken???) über mindestens einen hochnotpeinlichen Moderator (der Bärtige), der immer dann, wenn’s gerade interessant wurde (Cohn-Bendit z.B.), den Schwanz einkniff und das Thema wechselte, bis hin zu der brandaktuellen Frage “ Was halten Sie von der heutigen Jugend?“ – es herrschte eine alles erdrückende, handgeschnitzte und selbstgestrickte Wolkenkuckucksheim-Atmosphäre. Wo zum Henker nur war die Jugend?
Fragen über Fragen, doch dann kam endlich mein Abend mit Hape Kerkeling. Ein definitiver Fall für unseren Grzimek, denn dieses tumbe Knäblein bewies sowohl als Mensch wie auch als „Känguru“, daß man heute entweder nur aus Oggersheim stammen, oder lediglich knödelnd daher zu labern brauchen muß, um auf der Stelle als Bundeskanzler, Komiker oder Kabarettist Karriere machen zu können.
Zugegeben, die „Bananas“-Witze hatten alle einen ellenlangen Bart oder waren aus guten englischen Shows geklaut. Aber daß Rolf Spinrads, der Redakteur dieser debilen Beuteltier-Sendung, nun glaubt, mit diesem notorisch quäkenden Kind einen Beitrag zur Jugend-Unterhaltung leisten zu können, das grenzt schon arg an Altersstarr- und Schwachsinn!
Hans Herbert und Herr Schniepelpohl, wo seid ihr, nun, da wir euch dringend brauchen???