EMF


Die Eltern, die ihre wohlbehuteten Sprößlinge nach dem Konzert zurück in die Vorstadt geleiteten, ahnten wohl kaum, welch wüster Orgie die lieben Kleinen soeben entstiegen waren.

Großbritanniens Teenager mögen bei EMF kreischen wie weiland ihre Vorfahren bei den seligen Bay City Rollers, aber mit jenen ammickbeladenen Sunnyboys vergangener Poptage haben die englischen Senkrechtstarter nichts, aber nun auch gar nichts am Hut.

Nach den etwas linkischen Hits „Unbelievable“ und „I Believe“ zejete ihre Debut-LP, SCHUBERT DIP, daß es die fünf Knaben aus der Provinz — im Durchschnitt grad mal so um die 20 — in Sachen Songwriting mühelos mit weit erfahreneren Kollegen aufnehmen können. Rein äußerlich aber ergeben die Ohrfeigengesichter aus der

verschlafenen Grafschaft Gloucestershire mit ihren zu Pinseln hochgebundenen Frisuren das von jungen Bands gewohnte Bild aufmüpfiger Rotznäsigkeit.

Beim Konzert dagegen versuchen die Buben von EMF, älter zu wirken als ihre Geburtsurkunden. Derart brachiale Lautstärken haben bis dato nur die härtesten Metal-Combos und die kompromißlosesten Elektro-Acts mit ihren Sample-Synkopen zustande gebracht.

Im messerscharfen Schein der grellen Lichtkegel hat die Band keinerlei Mühe, den beinharten Sample-Rock ihrer LP zu reproduzieren — schon deswegen, weil das meiste davon dem Livesound aus der Konserve beigemischt wird. Diese Arbeitsweise läßt dem Keyboarder immerhin reichlich Zeit, sein Instrument in die Luft zu werfen, um es anschließend den Gitarristen auf die Schultern zu laden.

Dennoch reicht die musikalische Qualität von Ohrwürmern wie“.Lies'“ oder „Longtime“ spielend aus. um das überwiegend jugendliche Publikum in Ekstase zu versetzen. Proteste hinsichtlich der enormen Phonstärke und allzu vieler Klänge aus dem Sequenzer würden da nur kleinlich wirken. Immerhin könnte einer der neuen Songs, die die Band an diesem Abend vorstellt. glatt aus der Feder von Bootsy Collins in seinen besseren Tagen stammen. Den weitaus größten Teil des Konzerts bestreiten EMF aber mit vertrautem LP-Material. Bei der Zugabe wagen sich die jungen Wilden allerdings noch an eine neue Version des Cream-Klassikers „Strange Brew“. Die Teens vor der Bühne üben sich derweil in Slam-Dance — während sich ein paar Runzelgesichter auf den hinteren Rängen nur schwerlich ein freches Grinsen verkneifen können.