Meinung

Was ist da los? Es gibt keine berühmten Oster-Songs


Während zu Weihnachten überall traditionell popmusikalisches Kulturgut tönt, fehlt Ostern das Hit-Potential.

Ostern ist noch immer nicht unbedingt das Gelbe vom Ei. Es ist weder ein großes familiäres Fest im Sinne von Weihnachten (auch wenn die Eltern besucht werden), noch ist es großartig besinnlich. Es sei denn, man ist streng gläubig. Wettertechnisch fehlt das Highlight, seine Geschenke muss man suchen. Ostern ist quasi die langweilige kleine Schwester von Weihnachten.

Sogar musikalisch muss Ostern zurückstecken: „Last Christmas“, „White Christmas“, „Christmas Time“, „Driving Home For Christmas“ – was gibt es nicht alles zur Tannenbaum-Beschallung. Und Ostern? Schwierig. Jede*r, die oder der zum Osteressen schon einmal vor der heimischen Soundanlage stand und nicht Verdis „Requiem“ einlegen wollte, kennt die Problematik.

Das Fest für Zyniker*innen oder was?

Die Google-Suche nach „Ostermusik“ liefert hingegen beängstigende Ergebnisse. Neben „Die schönsten Eiersongs“ (für Kinder) findet man auch Vorschläge für die Zyniker*innen unter uns, wie etwa „Heavy Cross“ von The Gossip. Und auch wenn es „Ostersongs“ wie beispielsweise „Easter“ von Patti Smith oder den „Easter Song“ von Keith Green gibt, fehlt er irgendwie, der Ostersong schlechthin. Was kann man dagegen tun?

Die Musikbranche selbst hätte natürlich die Möglichkeit, Hasenohren auf regulären CD-Covern zu platzieren (wie zum Beispiel Nicki Minaj einst auf „Pills’n’Potions“) und als „Easter Editions“ zu verkaufen. Versteckte Bonustracks wären nur eines der Highlights und irgendwann hat man die Songs des ehemals unösterlichen Albums so lange gehört, dass man damit Ostern assoziiert. Das ist günstig und mit wenig Mehraufwand verbunden.

Achtung! „Band Aid“-Gefahr!

Man könnte aber auch Texte dem österlichen Kontext anpassen. Hier ein kleines Beispiel anhand von „Last Easter“ formerly known as „Last Christmas“: „Last Easter I hid your heart, but the very next day you won’t find it anyway“. Wie das Video dazu aussehen könnte, überlassen wir jetzt der individuellen Fantasie. Doch Vorsicht! Der aktive Aufruf zu einem offiziellen Ostersong kann im schlimmsten Fall zum nächsten deutschen „Band Aid“-Projekt führen. Hopefully they don’t know it’s Easter time.

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Jan Schmechtig bloggt unter Horstson.de über Männermode und Musik – und schrieb diesen sehr zeitlosen Text im Jahr 2015 für musikexpress.de.