Export-Schlager


Goethe gibt Gas

So ändern sich die Zeiten! Die Affenmusik von einst wird nun auch von den Vertretern der germanischen Kultur im Ausland entdeckt. Das Goethe-Institut geht zum ersten Mal nicht nur mit Schiller und Beethoven auf Reisen. Drei Jahre lang wird die Ausstellung „Geschichte der deutschen Rockmusik“ rund um die Wtelt ziehen.

Genau 27 Jahre ist es her, als mit der ersten deutschen Beat-Band The Rattles in Hamburg plötzlich eine Alternative zu dem schmuseweichen Nierentisch-Schlager entstand. Daß sich in der Republik bis heute eine eigenständige Rock-Kultur entwickelt und etabliert hat, wissen die Kids in Übersee allenfalls von den wenigen international erfolgreichen Bands wie Nena, Kraftwerk und Modern Talking.

Das soll sich nach dem Willen der offiziellen Exporteure deutscher Kultur jetzt ändern. Ab Juni geht das Goethe-Institut mit der „Geschichte der deutschen Rockmusik“ auf Tour durch die Schulen und Unis der Kontinente.

Daß „die Repräsentation deutscher Sprache und Kultur im Ausland“ in diesem Fall nicht ohne Musik machbar ist, haben auch die exportierenden Kultur-Experten erkannt: Den Kids der Welt wird erst einmal ein Walkman aufgesetzt, dann dürfen sie sich die 26 großformatigen Plakate zu den wichtigsten Stationen des deutschen Rock reinziehen.

In einem internen Planungspapier des Goethe-Instituts wird das so erklärt:

„Auf einer Musikcassette von 2(1 Minuten Länge kommentiert ein jugendlicher Radiosprecher die einzelnen Exponate, spielt nach Discjockey-Art die Musik der besprochenen Musiker an und legt so die Führungslinie der Ausstellung fest.“

Dennoch —- das Medien-Paket für die Welt ist alles andere als dröge. Dafür sorgt schon Nina Hagen, die ein 20minütiges Video mit Ausschnitten von Clips der wichtigsten Bands moderiert. Auch die Plakate, für die Jim Rakete mitverantwortlich zeichnet, treffen genau das Lebensgefühl der verschiedenen Trends von Pogo bis Propaganda.

Pech für die „Zielgruppe“ (12 bis 18 Jahre) im eigenen Land: Die Ausstellung bleibt den deutschen Kids vorenthalten. Nach der Präsentation in München beginnt die dreijährige Welttournee — und der Musikunterricht hierzulande bleibt bei Brahms, Bach und den Beatles stecken.