Fahr zur Hölle
Das ist die Rache Englands am Spaghetti-Western: Clash-Großmaul JOE STRUMMER, der unvergleichliche ELVIS COSTELLO und die POGUES haben dreieinhalb Wochen die andalusische Wüste unsicher gemacht und in Sergio Leones legendärem Revier ein Blaue-Bohnen-B-Movie gedreht: „STRAIGHT TO HELL.“
Drahtzieher des Höllenfahrtskommandos ist Regisseur Alex Cox, der damit rasch nach dem „Repo Man“ und „Sid ’n‘ Nancy“ zum dritten Mal zuschlägt. Während er an „Sid ’n‘ Nancy“ arbeitete, lernte Cox Big Joe Strummer kennen, der von der Idee, das Liebesdrama aus dem Sex Pistols-Umfeld zu verfilmen, zunächst einmal gar nichts hielt, sich nach Betrachten der Roh-Kopie aber plötzlich doch dazu überreden ließ, den Titelsong zu schreiben. (Damals sollte der Film noch „Love Kills“ heißen – und Strummer hatte sich ziemlich schwergetan, daraus einen Text zu zimmern — bloß um am Ende zu erfahren, daß das Punk-Melodram doch unter dem Titel „Sid ’n‘ Nancy“ in die Kinos kommt.) Die Idee, einen echten Spaghetti-Western zu drehen — in der glorreichen Tradition der Djangos, die für eine Handvoll Dollar das Lied vom Tod spielen — hatten Cox und Strummer im gemeinsamen Vollrausch mit Kameramann Tom Richmond und Schreiber/Schauspieler Dick Rüde (war schon beim „Repo Man“ dabei). Eine Geschichte um drei glücklose Todesschützen sollte es werden, mit Strummer, Rüde und Sy Richardson, einem schwarzen Cowboy aus L.A., in den Hauptrollen. Das Drehbuch war in drei Tagen geschrieben. Die Pogues spielen eine rivalisierende Killer-Gang, die McMahons; und wo die Pogues sind, ist auch Elvis Costello nicht weit, seit er mit Bassistin Cait verheiratet ist. Grace Jones, Amazulu und „Easy Rider“ Dennis Hopper geben ebenfalls kurze Gastspiele — Annie Lennox sollte und wollte auch, aber Strummer wollte sie nicht.
Strummer war während der Dreharbeiten überhaupt voll in seinem Element und gab 24 Stunden am Tag den Endzeit-Westemheiden, weil Schauspielen Konzentration verlange, wie er Zaungästen verriet. Er fühlte sich wie zu Hause, denn im selben spanischen Mini-Hollywood hat er mit Cox schon das Video zu „Love Kills“ gedreht.
„Straight To Hell“ ist eine pechschwarze Parodie auf das Lebenswerk der beiden Sergios (Leone und Corbucci) — die Szene, die Chris Salewicz im englischen „Blitz“ verraten hat, spricht für sich: Ein junger Mann betritt den Saloon und nähert sich forsch, aber respektvoll den drei glücklosen Killern: „Entschuldigung Leute, Sir. Ich weiß, ich bin nicht so gut mit dem Gewehr, aber ich bin dabei, ich will helfen. Ich will zu eurem Team gehören.“ Das Trio blinzelt sich unter den Hutkrempen kurz zu, zieht die Revolver und erschießt das Greenhorn …
Wenn alles planmäßig verläuft und nicht zwischendurch das Geld ausgeht, werden die Engländer den Film im März zu sehen bekommen — wann er über den Kanal kommt, steht noch in den Sternen über der Sierra Nevada.