Fatboy Slim: PARTY!


Mit „Rockafeller Skank" lieferte er die Single des Jahres. Sein neues Album garantiert einen heißen Partyherbst. Keine Frage: Fatboy Slim ist der Mann der Stunde.

ES GIBT NUR WENIGE AN POPMUSIK INTERESSIERTE Menschen, die keine Platte von Fatboy Slim im Schrank stehen haben.Wie? Sie besitzen keine? Das kann kaum sein. Sind sie ganz sicher? Schließlich hat der Mann im Laufe seiner zwölfjährigen Karriere mehr als 50 Singles und 15 Alben veröffentlicht. Die wenigstens allerdings unter seinem bürgerlichen Namen Norman Cook. Die meisten vielmehr unter dämlichen Pseudonymen wie Pizzaman („Sex On The Streets“) oder Mighty Dub Katz („Magic Carpet Ride“) – vergleichsweise schlimme Dancefloor-Nummem, die jedoch luftige Charthöhen erklommen. Anspruchsvoller war da schon das Cook-Projekt Beats International, das unter anderem den veritablen Hit „Dub Be Good To Me“ abwarf. Auch Freak Power, ebenfalls eine Kreation aus dem Hause Cook, lief prächtig. Man erinnere sich zum Beispiel nur an das famose „Turn On, Tune In, Cop Out“.

„Der Grund für die vielen Pseudonyme“, erzählt Norman Cook augenzwinkemd, „liegt zum einen darin, daß ich die Platten bei verschiedenen Firmen veröffentliche, um auf diese Weise mehr Geld verdienen zu können.“ Zum anderen möchte Cook die Musikpresse hinters Licht führen: „Die Journalisten drücken dir immer gern einen bestimmten Stempel auf. Wenn sie jedoch nicht wissen, wer hinter einem Song steht, gehen sie viel vorurteilsfreier an die Sache ran.“ Cooks jüngstes Alter ego ist sein bislang erfolgreichstes: Fatboy Slim. Die Single „The Rockafeller Skank“ schoß ohne Umwege an die Spitze der englischen Hitparade und knackte, nicht zuletzt dank eines süperben Videos, auch die deutschen Charts. Die Nummer mit der Ohrwurmzeile „Check it out now, the funk soul brother“ ebnete hierzulande nebenbei auch gleich noch den Weg für die großen, chemischen Beats aus Cooks Heimatstadt Brighton. Den Erfolg der Big Beats erklärt sich der DJ so: „Die Leute sehen, daß man bei uns mehr Spaß hat als woanders. Wenn ich auflege, will ich, daß das Publikum eine gute Zeit hat. Und das funktioniert mit Big Beats ganz ausgezeichnet.“

Der Erfolg gibt Cook recht. Weltweit wird er für Parties gebucht. Seien sie nun in Australien, Singapur, Japan, Bali oder Berlin, wo er in diesem Jahr an der Loveparade teilnahm. Dabei steht der Spaß immer im Vordergrund. „Als ich angefangen habe, Musik zu machen, war ich jung und naiv. Ich dachte, ich könnte die Welt mit meiner Musik verändern. Inzwischen weiß ich, daß das nicht funktioniert. Ich habe einfach nicht genügend Energie, die Welt zu retten.“ Cook geht’s inzwischen nur noch darum „die Menschen zum Tanzen um zum Lächeln zu bringen.“

Erstaunlich für jemanden, der einst als Bassist der englischen Housemartins für verkniffene Agitpop-Songs wie „The People Who Grinned Themselves To Death“ oder „Me And The Farmer“ mitverantwortlich zeichnete. Eine Vergangenheit, von der sich Norman Cook heute stark distanziert. „Die Housemartins haben nicht die Musik gemacht, die mir vorschwebte. Ich war nur eines der Bandmitglieder, die zwar auf der Gehaltsliste standen, aber keinen Einfluß hatten.“ Ob er sich denn vorstellen könnte, irgendwann mal wieder mit einer Band zusammenzuarbeiten? „Auf gar keinen Fall! Ich kann nicht mehr mit anderen Musikern ein paar Monate in einem Studio eingesperrt sein. Ich würde innerhalb kürzester Zeit jemanden umbringen.“ Kein Gedanke also an eine Reunion mit seinen ehemaligen Kollegen? „The Beautiful South (die Nachfolgeband der Housemartins; Anm. d. Red.) haben mich gefragt, ob ich ihr nächstes Album produzieren möchte, aber ich glaube nicht, daß ich dafür der richtige bin. Außerdem arbeite ich viel lieber mit Maschinen als mit Menschen. Die kommen nämlich nie zu spät, sind nie betrunken und fragen auch nur sehr selten, ob sie mehr Geld bekommen können.“

Viel lieber kümmert sich der Engländer Cook um sein Label „Skint“, das er vor knapp zwei Jahren zusammen mit Darnien Harris aus der Taufe hob. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Gleich das erste Fatboy Slim-Album („Better Living Through Chemisüy“) sorgte mit Songs wie „Going Out Of My Head“ oder „Everybody Needs A 303“ für gehöriges Aufsehen in der Dance-Szene. Parallel dazu betätigte sich Cook weiterhin als Remixer. Auf seiner Kundenliste stehen unter anderem Les Negresses Vertes („Familie Heureuse“), Vanessa Paradis („Tandem“), INXS („Elegantly Wasted“) und die Fine Young Cannibals („Not The Man I Used To Be“). Und natürlich Comershop. Ihr „Brimful Of Asha“ schaffte erst in der Bearbeitung von Fatboy Slim den Sprung an die Spitze der englischen Charts. Seitdem stehen die Bands natürlich Schlange bei dem Mann mit dem untrüglichen Gespür für den zeitgemäßen Sound. Doch die allermeisten wurden abgewiesen. Auch renommierte Acts wie die Jungle Brothers oder die Pet Shop Boys handelten sich Absagen ein. Einzig die Beastie Boys kommen in diesem Jahr noch zu der Ehre, daß Norman Cook Hand an einen ihrer Tracks legt. „Ich mag die Beastie Boys sehr gerne“, erklärt der Mann mit den vielen Namen, „wir haben den gleichen Humor.“ Grund genug, ihre nächste Single („Body Movin'“) einer Bearbeitung zu unterziehen. „Na ja“, flachst Cook, „der eigentliche Grund ist, daß mir Mike D jedesmal, wenn ich in New York bin, seine Jahreskarte für die New York Knicks leiht und ich gleich neben Leuten wie Woody Allen und Puff Daddy sitzen darf. Das ist einfach cool.“

Geld spiele bei seiner Arbeit keine große Rolle, betont Cook: „Mit Remixen wirst du nicht wirklich reich. Für meinen ersten Auftrag habe ich gerade mal 250 Pfund (ca. 750 Mark; Anm. d. Red.) bekommen.“ Heute sind, auch wenn Cook es bestreitet, Summen bis zu 10.000 Pfund im Gespräch. Nach dem Remix für die Beasties soll der Nachfolger zum „Rockafeller Skank“, „Gangster Trippin“, erscheinen. Und am 19. 10 dann endlich „You’ve Come A Long Way Baby“, das mit Spannung erwartete neue Album. Fertig abgemischt ist es bereits. Wegen des überraschend großen Erfolges der Mix-CD „On The Floor At The Boutique“ verschob sich die Veröffentlichung allerdings nach hinten. Bleiben da überhaupt noch Pläne für die Zukunft? „Ich habe eigentlich nur noch drei Wünsche für den Rest meines Lebens: mal wieder ausschlafen, einen Soundtrack komponieren und einmal mit einer richtig berühmten Person Sex haben.“