„Floating Piers“: Schwimmende Straßen von Christo
„Floating Piers“ ist die neue, schwimmende Installation von Christo.
Das Künstlerehepaar Christo und Jeanne-Claude arbeitet bereits seit Mitte der 1960er Jahre an Verhüllungen von Gebäuden und großen Landschaftsprojekten, zuvor haben sie mehrere Assemblage Arbeiten veröffentlicht und zählen zu den Anhängern der Pariser Künstlergruppe „Neuer Realismus“. Bisher konnten sie mit Projekten wie „The Umbrellas“, bei dem sie 3.000 Sonnenschirme in Japan und den USA aufstellten, der Verhüllung des Reichstages 1995 und „The Gates“ einer Installation bei der zahlreiche Tore mit gelben Stoffbahnen im Central Park aufgestellt wurden, an Popularität gewinnen. Das neuste Projekt, „Floating Piers“ am Iseosee in Italien, besteht aus kilometerlangen, aneinander gehängten und auf dem Wasser schwimmenden Kunststoffelementen, die mit einem gelben Textil bespannt wurden.
Zusätzlich werden mehr als zwei Kilometer Fußweg in den Orten ebenfalls mit dem Stoff ausgelegt um das Gesamtbild zu unterstreichen. Die Installation ist vom 18. Juni bis zum 3. Juli für Besucher geöffnet, und das kostenlos. Das Ehepaar hatte die strikte Einstellung, sich bei Projekten selbst um die Finanzierung zu kümmern. Sie lehnten Subventionen, Spenden und Aufträge komplett ab und erwirtschafteten die Umsetzungskosten durch den Verkauf von Zeichnungen, Collagen und den Rechten an Fotografien ihrer Arbeiten. 2009 verstarb Jeanne-Claude an einer Hirnblutung, daraufhin pausierte ihr Mann Christo seine Arbeiten, bis er 2013 das „Big Air Package“ im Gasometer Oberhausen installierte. „Floating Piers“ ist Christos zweites Projekt seit dem Tod seiner Frau.
Der Iseosee ist der viertgrößte in Oberitalien und wurde von dem Künstler als Ort sorgsam ausgewählt. Seit Beginn des Jahres entstand dort ein drei Kilometer langer und 16 Meter breiter Pier, zusammengebaut aus mehr als 220.000 modularen Polyethylen-Kunststoffblöcken und mit über 100.000 Quadratmetern dahliengelben Stoffes bespannt. Über die 16 Tage wird das helle Gelb durch Wasser und Licht zu einem rötlich-goldenem Farbton. Der Künstler hatte exakte Vorgaben an den deutschen Stoffhersteller und legte besonders Wert auf die Farbechtheit und die Brillanz. Die Installation umfasst eine Verbindung der Stadt Sulzano mit der Insel Monte Isola und den Einschluss der Insel San Paolo. Die Arbeit des Ehepaares vermittle eine „ökologische Ästhetik“ und setze ihren Fokus auf Vergänglichkeit, so der Kunsthistoriker Werner Spies, die Werke hinterlassen ihre Spuren nur in den Erinnerungen und Abbildungen in Form von Fotos, Zeichnungen und Collagen, da sie immer nur über einen kurzen Zeitraum installiert sind.
Bis zum 3. Juli sind die schwimmenden Stege, die „Floating Piers“ noch geöffnet, je nach Wetter 24 Stunden täglich. Die Kunststoffblöcke, die bei dem Projekt verwendet wurden, werden nach dem Abbauen recycelt. Als nächstes will Christo Claude „Die Mastaba“, die Nachbildung eines alten ägyptischen Grabes aus 410.000 liegend gestapelten Ölfässern, die höher als die Pyramiden von Gizeh werden soll, realisieren. Das eigentliche Projekt „Over the River“, bei dem ein 10 Kilometer langer Teil des Arkansas River mit Stoffbahnen überspannt werden sollte, musste aufgrund der langanhaltenden Ablehnung der Bevölkerung auf unbestimmte Zeit aufgeschoben werden. Die Bewohner Sulzanos begrüßen jedoch das Kunstprojekt und freuen sich über die kunstinteressierten Touristen.