Flurfunk
One Shoe Blues
Man gießt den Wein nicht in die Schuhe, sagt ein altes Sprichwort – und das klingt sehr einleuchtend. Man soll die Plattensammlung nicht vor dem Abend loben, sagt ein anderes, weswegen wir in der aktuellen Titelgeschichte auf 32 Extra-Seiten 250 Platten vorstellen, die von der modernen Popschreibung einmal zu oft übersehen wurden. Es war zwar wirklich keine schlechte Idee, diese Liste je nach Genre mit verschiedenen Schuhpaaren zu bebildern, aber zum Teufel, welche Schuhe trägt denn eigentlich der Avantgardist? Und der Elektrofan? Und wer hat denn nun wirklich Anspruch auf die allseits beliebten Chucks? Die Redaktion erschien mit großen Taschen voller ausgelatschter Modelle zur Arbeit. Schwarze Chucks, blaue Chucks, rosa Chucks. Ein Schaulaufen der Identitäten. Wobei der Kollege aus der Art-Direktion bis heute der Meinung ist, der Avantgardist hätte mit einem ausgehöhlten Ziegelstein bebildert werden müssen. Zu welchem Schuhwerk der Metaler neigt, wäre schneller zu beantworten gewesen. Wir hätten nur kurz unter die Schreibtische der Kollegen vom Metal Hammer kriechen müssen. Obwohl die hier etwas aufgescheucht über den Flur rennen, denn es ist ein großes Paket angekommen. Erst hat uns das auch noch neugierig gemacht, aber dann wurde eine schwarze V-Gitarre aus der Pappe gezogen und ooooh- und aaaahend durchgereicht. Keine Stratocaster, nein, eine V-Gitarre. Und um den Geschmack unserer Mitbewohner in Zukunft ein wenig besser verstehen zu können, wurde Frederik Jötten zu Kay geschickt, nach Rimsberg, wo sich ein 40-jähriger Metalfan seinen Traum erfüllt und mit seiner Band Valiant Viper sein erstes Konzert spielt (ab Seite 74). Auch Mark Ronson steht irgendwie in Verbindung mit Schuhen, er hat nämlich mal welche entworfen. Zum Interview (ab Seite 80) trug er weiße Turnschuhe. Das sagt uns aber nicht so viel, trägt heute schließlich jeder. Ronson lässt sich anscheinend schwer auf nur ein Genre festlegen. Genauso wie Antony Hegarty, von dem, nachdem er im Interview (ab Seite 64) ernsthaft behauptet, er werde eines Tages nur Wasser sein, wir einfach mal behaupten, dass er am Liebsten gar keine Schuhe trägt. Dafür kann man da auch keinen Wein rein kippen. In diesem Sinne: Prost. Und viel Spaß beim Lesen. Der Flurfunker