From Dusk Till Dawn


Zu ‚Zombie‘-Zeiten hieß es: „Wenn in der Hölle kein Platz mehr ist, dann kehren die Toten auf die Erde zurück“. Für ‚From Dusk Till Dawn‘ bedeutet das: Wenn Quentin Tarantino keinen Handlungsbedarf mehr in einem seiner mordslustigen Gangsterplots sieht, dann kehrt er halt zum Splatter-Movie zurück. Einfach so, als wäre es das normalste der Welt, innerhalb einer Story plötzlich radikal die Genres zu wechseln. Aus purem Spaß und ziemlieh krankem Fan-Fanatismus ein double feature zu konzipieren. Und das Projekt dann sogar gestemmt zu bekommen – mit Tarantino (Script und zweite Hauptrolle) und Robert Rodriguez (Regie und Schnitt) als partners in crime.

Natürlich ist die erste FDTD-Hälfte die bessere, erschreckendere, provokantere. Wir werden Zeugen der Flucht zweier bankräuberischer Brüder über die mexikanische Grenze. Mit unnachahmlichem Gespür für Figuren, Sprache und Details macht Tarantino aus einer tausendmal gesehenen Prämisse ein bestechendes, bitterböses, blutiges Stück Power-Pulp. Die Typen: Der ultracoole George Ctooney als wandelndes Pulverfaß und Tarantino als degeneriertes Brüderchen sind ein wunderbar dynamisches Duo. Anfangs eher zurückhaltend sind ihre beiden Geiseln: Harvey Keitel übt als vom Glauben gefallener Priesters meisterliche Selbstkontrolle, Juliette Lewis kontert ihr Schlampen-Image mit harmlosem Kleinmädchen-Liebreiz. Wieder mal gibt es Wortwechsel, one-liner und Flüche zum Auswendiglernen. Wenn Clooney die Gefangenen vorm Davonlaufen warnt, dann zeigt er seine Wumme und verkündet: „I’ve got six little friends and they all run faster than you“. Und wenn er in ein auswegloses Gefecht schreitet, dann spuckt er den Schlachtruf „Okay, ramblers, let’s get rambling“ mit aller Lässigkeit der Welt aus. Die beklemmende, latent agressive Atmosphäre der ersten FDTD-Stunde wäre unerträglich, würde sie nicht durch jene kleinen Beobachtungen aufgelockert, die den Filmemachern ihren Hipness-Status eingebracht haben. Muß man die Helden von Rodriguez nicht dafür lieben, daß sie nie einen Blick über die Schulter werfen, wenn hinter ihnen ein Haus explodiert? Und wäscht nicht Tarantino alle ‚Four Rooms‘-Schuld von sich, wenn er idiotisch durch das Loch guckt, das ihm kurz zuvor durch die Hand geschossen wurde? Eben.

Aber dann sind die Cops abgehängt, die Geiselnahme ist vorbei, der Treffpunkt – die mexikanische Bar ‚Titty Twister‘ – ist erreicht. Und ein neuer Film beginnt. Licht aus, Spot an, Gore Galore! Was eben noch ein klaustrophobisches Drama war, mutiert Knall auf Fall zum Special effects-Wettbewerb. Plötzlich setzen sich Psychopathen und Priester gegen eine Hundertschaft Vampire zur Wehr. Bevor man auch nur „Logik“ sagen kann, wird man etlicher, äußerst innovativer Techniken der Blutsauger- und Zombie-Vernichtung ansichtig. Und wenn man insgeheim bedauert, daß die Figuren zu Cartoons degenerieren und nun Köpfe platzen, wo eben noch Angstschweiß war, so kann man doch den Spaß der Beteiligten beim anachronistischen Splatter-Spektakel nachempfinden. Es ist ihr Abenteuerspielplatz. Also: let’s play…