Fun Lovin‘ Criminals: Drei New Yorker in Irland: Der Tour-Auftakt in Dublin gerät zum regelrechten Heimspiel.


Was verschlägt drei waschechte New Yorker Mobster, super-smoothe player der Brooklyner Nachtclub-Halbwelt – und als was sich die Fun Lovin‘ Criminals sonst noch augenzwinkernd stilisieren nach Dublin? Ein rauer Straßen-Charme den sie vielleicht in der von Giuliani glattpolierten Heimatstadt immer mehr vermissen? Oder die Tatsache, dass ihr funky Blues-HipHop-Crossover und semi-parodistisches Spiel mit heißes-Pflaster-New-York-Klischees in Europa, speziell auf den Britischen Inseln immer besser ankam als zu Hause? Jedenfalls scheinen die Fun Lovin‘ Criminals einen Narren an Dublin gefressen zu haben. Sänger Huey hat hier letztens ein Pub eröffnet, und es ist offenbar auch ein Anliegen, dass die Tournee zum neuen Album „Loco“ auch hier in der Stadt an der Liffey vom Stapel läuft – mit drei Abenden im Olympia.

Mit icintn iwel Baikonen und kuscheligen Logen an den Bühnenseiten ist das alte Olympia Theatre definitiv kein durchschnittliches Rockkonzert-Venue. Viel roter Samt und noch sehr viel – schon leicht bröckelndes – Stuckwerk schaffen hier eine schummrig-mondäne Lounge-Atmosphäre, wie sie sich die Fun Lovin‘ Criminals nicht besser inszenieren könnten. Zunächst gehört die Bühne aber einem sehr seltsamen Mann mit filzigem Haar und aus dem schmierigen Hemd lugender Wampe, der zu seinem Karaoke-Ghettoblaster brünftige Soul-Schmonzetten singt – mit einer Stimme, wie vom Himmel gefallen. „Das ist ein Obdachloser“, weiß mein Nachbar, „den haben sie hier aufgegabelt. Der macht immer das Vorprogramm, wenn sie in Dublin spielen.“ Der grandiose Unbekannte friemelt eine letzte Cassette aus der Hosentasche, dann bekommt er das Signal zum Abgang. Denn jetzt wird es langsam Zeit für die Chefs.

Und hier ist er auch schon. Ihr Gastgeber für heute abend: Huey Morgan! Mit Stoppelglatze, Goldkettchen unter schwarzem Hemd, Les Paul vorm Bauch und einem entspannten Grinsen, das er den ganzen Abend nicht mehr ablegen wird, baut er sich unter „Juuu-äää! Juuu-äää!“-Sprechchören vor seiner zwei-mal-drei-Meter-Marshall-Wand auf. Am Schlagzeug nimmt – im weißen Zuhälter-Anzug – der neue Drummer Mackey Platz, der Rest der Band ist Fast: Keyboarder, Bassist und Trompeter in einem. Man ist unter sich und man ist – das ist spätestens beim zweiten Song „The Fun Lovin’CriminaT’klar, der euphorisch mitgebrüllt wird – unter Freunden. Entsprechend locker geht man auf die Reise durch den bunten FLC-Katalog: Punk, Soul-Funk, HipHop-Blues, „Korean Bodega“, „Swashbucklin‘ In Brooklyn“, „Coney Island Girls“, „The King Of New York“, „Bump“- alt, uralt und neu, alles gut durchgemischt, Hauptsache cool, Hauptsache shmoove. Huey brummel-rapt Mimik-reich seine Texte – dabei checkt er nach ausgebuffter Showman-Art ständig Leute im Publikum aus, ein Zwinkern hier, ein Zeigefinger dort -, würgt beherzt seine Gitarre und ist ansonsten als flottschnäuziger Entertainer in seinem Element: Ob wir den mit den sprechenden Pferden kennen? „Klar kennen sie den“, winkt Fast ab. Huey erzählt ihn trotzdem. Wir kannten ihn noch nicht. Huey blödelt mit seiner Band (die bisweilen Teil seines Publikums wird), erzählt Geschichten und spielt mit DJ Fontaine einen „Star Wars“-Sketch: Das Duell Darth Vader vs.Obi Wan Kenobi auf Scorsese-Art.“Obi-Wans! I been lookin‘ fo‘ you’s all over the place!“ tönt Huey Vader-DeNiro in breitestem Brooklyn-Slang. Natürlich endet das Lichtschwert-Gefecht mit einer Schießerei. Immer weiter geht’s: der erste Hit „Scooby Snacks“ (die Hölle bricht los), das proll-punkige „Where The Bums Go“, „Run Daddy Run“, „My Sin“, und schließlich „Big Night Out“. Ein Joint kreist auf der Bühne, Huey wirft ihn in die erste Reihe und mit dem Partyhengst-Mantra „Can’t you see that l’ve got a supermodel on my knee?“ jammt die Party nach über anderthalb Stunden dem Ende zu. Ende? „Fünf Minuten Pause, okay? Dann spielen wir noch eine Stunde. Versprochen.“ Äh, wie bitte?

Und tatsächlich kommen die Fun Lovin Criminals nach zehn Minuten Konservenmusik zurück und spielen einen 50-minütigen Zugaben-Set, im Laufe dessen Huey sogar noch eine Beinahe-Schlägerei schlichtet: „Hey, Jungs. Keine Prügelei, ja? Tut’s für mich. Okay? Für mich.“ Na, wenn Huey der Große darum bittet, lenkt sogar der rothalsigste Ire ein. „Ich möchte Euch ja nicht in den Arsch kriechen“, sagt Huey aufrichtig ergriffen vor dem Abschluss-Schieber, Louis Armstrongs „We Have All The Time In The World“, „aber wir lieben diesen Ort hier. Und wir lieben Euch! „Ja, es ist sehr viel Liebe in diesem Raum. Leute, seid nett zu euren Criminals, dann sind sie nett zu euch.

www.fun-lovin-criminals.co.uk