Funk/Soul


Von all den Neuerscheinungen in den letzten Wochen hat mich TOO TOUGH, Angela Bofills viertes Album, am tiefsten beeindruckt (Ariola 802 625-928). Mit ihrer seidenen, glockenklaren Stimme schafft sie spielend zweieinhalb Oktaven, ihr Background setzt sich zu gleichen Teilen aus Jazz, Theater und Tamla Motown zusammen, dazu kommt noch, daß sie in New York in einer puertoncanisch-kubanischen Familie groß wurde; dementsprechend regenbogenfarben ist auch ihre Musik.

Die graziösen, mit rauschenden Strings aufgeplusterten Balladen bestimmen das Gesamtbild der Platte nicht mehr in dem Maße wie bei SOMETHING ABOUT YOU. im Gegenteil, bei „Too Tough“, dem Titelstück, hat Produzent Narada Michael Waiden für einen forschen, fesselnden, mit Synthesizer und Vocoder-Hocks geladenen Beat gesorgt, der sich etwa in der Liga von Aiethas „Jump To It“ bewegt. Und mit „Love You Too Much“ und „Is This A Dream“ hat Angela gleich noch zwei weitere Songs, die in besseren Clubs durchschlagen sollten.

Auf der zweiten, von ihr selbst produzierten Seite kommen langsame, pastellartig arrangierte Stücke ein seeliger, subtropischer Soundtrack.

Alton Edwards ist ein junger Sänger, der mit seinen kolossalen Arrangements immer auf dem schmalen Grat zwischen Soul und Soap Opera zu bleiben versteht, was sonst außer Luther Vandross nur wenigen gelingt.

„Take Me“ (CBS) schlägt sogar noch seine beiden 12″-Singles vom letzten Sommer. Alles – der Sound, der Song, Performance und Produktion – ist hier absolut perfekt.

Seitdem Philadelphia International zusammengebrochen ist, blickt alle Welt auf die ehemalige Konkurrenz, Philly Sound Works und Philly World. Von letzterem kommt jetzt Cashmere mit „Do It Any Way You Wanna“, einer angenehm gleitenden Midtempo-Nummer, die von geschmackvoll drüberweg geträufeltem Xylophon und gezielten Drum-Overdubs pointiert wird. Cashmeres Sänger und Kool’s James‘. J.T. Taylor könnten übrigens geradezu musikalische Zwillingsbrüder sein!

Wer wie ich zeitlebens den Jackson 5 verfallen war, wird heute garantiert De Bärge ins Herz schließen. Zufall ist das sicher nicht; De Bärge sind eine Gang cleaner, keimfreier Teenager, sie sind eine Familie und obendrein auch noch bei Motown.

ALL THIS LOVE (Bellaphon 216-15-051) ist ihr drittes und bestes Album, allein,die letzten 30 Sekunden von „I Like It“ sind den Preis der Platte wert, wenn nämlich Eldra und Randy De Bärge gemeinsam ähnlich spitze, trillernde „Woohs“ und „Ahhs“ zusammenschluchzen wie Michael und die J 5 vor zehn Jahren bei „Mamas Pearl“, Ausgeschlafen, aufpoliert und voller verrückt aufdringlicher Melodien – De Bärge sind die Band, die Motowns gescheiter Famüienpoütik ihren guten Ruf sichert.

Let’s get tough…! Drei der führenden Technofunk-Produzenten haben sich bei New Edition „Candy Girl“ (auf Streetwise) zusammengetan -Prince-Engineer Maurice Starr, Michael Jonzun von Bostons Jonzun Crew und Arthur Baker, der Mann hinter Rockers Revenge. Herausgekommen ist einer jener gewitzten Roboter-Raps mit Bugs-Bunny-Gestöhne und Stacy-Lattisaw-Gesang.

Mein Mann ist Captain Rock mit seinem: „…now everybody get on down, coz the No. 1 spaceman is in your town,.,“ Der Brother hat noch ein Alter-Ego, ihr kennt ihn alle, Spielbergs bulläugigen Knautschbalg; „…come on, E. T., say a few words to the people on earth! krnzzzbmzzz!!! that’s enough. . ..!“ Zum Schießen! „Cosmic Glide“ heißt die Single (auf NIA).

Noch zwei Rap-Maxis, die einen aus den Boxen mit der ganzen rauhen, ungebändigten Energie früher Enjoy-Aufnahmen anspringen: Kool D, L.A. Sunshine und Special K – die Treacheions Three – rasseln ihr „Action“! (Sugarhill) über einen rukkartig voranbollernden Drumbeat herunter – und die Maxünns Three verwenden bei „Maximus Party“ (auf Eclipse) noch mal den alten „Another One Bites The Dust“-Baßlauf.

Kiddo sind eine neue, um den ehemaligen P-Funk-Gitarristen Michael Hampton formierte Band, die auf ihre erste LP, KIDDO (A&M SP-6-4924), so ziemlich alles draufgepackt haben, was den US-Funk-stream in den vergangenen Monaten revolutioniert hat. Meist landen sie dabei irgendwo zwischen Zapp und Prince.

Insgesamt ein annehmbares Album, wenngleich Kiddo und ihr Produzent, Dazz Band-Supervisor Reggie Andrews, oft zu schematisch vorgehen.

Dasselbe gilt für O‘ Bryans Neueste, YOU AND I (Capitol ST 12256). Das Ganze klingt mehr nach Prince als der selbst bei manchen seinen eigenen Songs dazukommt, daß O’Bryan über ein ebenso schneidendes Falsett verfügt, ein Falsett, das Fensterscheiben zum Zerspringen bringt und ihm die bedingungslose Loyalität jeder Gay-Community sichern wird (etwas worauf augenscheinlich auch sein Kosmetiker und Stylist draufhinarbeiten!). YOU AND I ist glatt, glitschig, Vaselin…zwei Zugnummern aber stellenweise doch erschreckend oberflächlich.