Fußballer-Servus mit schwulem Indierock


Allianz Arena, München, 15. August 2007: Der Fanblock des FC Bayern München wundert sich. Es ist noch ein bisschen hin bis zum Anpfiff des Abschiedsspiels von Mehmet Scholl nach 15 Bayern-Jahren und ebenso vielen Titeln, da erscheint ein Pulk seltsamer Gestalten auf dem Rasen: eine Band samt Chor in Fußballmannschaftsstärke und vier maskierte Gogo-Tänzer in Lederhosen. Die Musik geht los, und die leicht bekleideten Gogos winden sich aufreizend im Takt. Skurril. Wenn die Fans jetzt noch die Texte verstünden, wären sie wohl wirklich irritiert: Es geht um Blowjobs und schmutzige Unterwäsche und auch mal ganz explizit um schwulen Sex. Die Hidden Cameras, eine queere Indieband aus Kanada, nehmen kein Blatt vor den Mund. Mehmet Scholl ist das nur recht. Er hat sie extra zu seinem Abschied eingeladen, die Hidden Cameras sind seine Lieblingsband. Und Scholl selbst ist zumindest aus jungen Jahren nicht ganz unbekannt dafür, dass er auch gerne mal provoziert. Homos in der Fußball-Kathedrale? So what!? Hauptsache, die Musik rockt! Und das tut sie ohne Zweifel. Irgendwann wippen sogar die Bayern-Ultras mit. Nur zwei Songs schallen durchs ausverkaufte Rund, dann ist der spaßige Spuk vorbei. Der FC Bayern verliert hinterher bei tropischen Temperaturen ein einschläferndes Gurkenspiel 0:1 gegen den FC Barcelona, der den „Franz-Beckenbauer-Pokal“ mit nach Hause nehmen darf. Später am Abend spielen die Hidden Cameras auf Scholls Abschiedsparty seine 22 Lieblingssongs, und Mehmet wirbelt über die Tanzfläche wie zuvor 18 Jahre lang übers Bundesligaspielfeld. Dann singt er mit den Sportfreunden Stiller (die in der Halbzeitpause ebenfalls die Rasenbühne genutzt hatten, um zwei neue Lieder vorzutragen), ruft „Mehmet Scholl ist homosexuell! „und grinst spitzbübisch. Im Herbst geht Scholl mit den Sportfreunden auf Tour – als „Praktikant“. Vielleicht laden sie die Hidden Cameras dazu?