Gastkritiker Les Holroyd
Der Thron gehört der „Queen Of Soul“. Mit Brustbreite vor einem sehr ruhig gewordenen Lou Reed machte Tina Turner mit PRIVATE DANCER diesmal das Rennen.
Schwarze Musik auch auf den Rängen drei und vier: Prince mit gewohnt schlüpfrigen Texten und ungewohnt aufgedonnertem Sound – danach die militanten Reggae-Cracks von Black Uhuru mit dem mehrfach verschobenen Album ANTHEM.
Zwei englische Exzentriker stritten sich um die Plätze fünf und sechs: Mike Scott von den Waterboys machte mit seinen epischen Balladen in der Dylan-Tradition das Rennen vor David Sylvian, der nach dem Split von Japan hiermit sein erstes Solo-Album vorlegt.
Weiter geht’s mit vier Oldtimem: Rod Stewart gibt sich mit CAMOUFLAGE bewußt modern, während Stevie Ray Vaughan, zwar noch jung an Jahren, ausschließlich der R&B-Tradition huldigt. Die Boomtown Rats machten es sich auf dem LONG GRASS im Mittelfeld bequem, während sich Nick Lowe sein COWBOY OUTFIT von Elvis Costello maßschneidern ließ.
Bei KajaGooGoo gab’s – erwartungsgemäß – extreme Wertungen von eins bis sechs, ebenso beim ehemaligen Purple- and Rainbow-Mann Rover Gloyer.
Das untere Drittel beginnen Beat Rodeo aus den USA mit Country-Pop, dann das englische Trio Fiat Lux mit ihrer Mini-LP HIRED HISTORY, gefolgt von Siouxsie, Murray Head und den britischen Newcomern Silent Running.
Das Schlußlicht blieb an den Schock-Rockern von Twisted Sister hängen, an denen allein Diedrich Diedrichsen, der verkappte Headbanger, größeren Gefallen zu finden schien.
Zwischen Belgien und Frankreich kreuzte Gastkritiker Les mit Barclay James Harvest, als wir ihm das Paket mit den MÜV-Platten in die Hand drückten. Einige Cassetten liegen leider noch heute dort – in einem Hotel, wo Les sie im Tourstreß vergaß. Doch den Rest prüfte Les gewissenhaft auf Herz und Nieren: Tina Turner: „Eine Fünf, denn sie ist nach wie vor meine liebste Sängerin. Die Songs sind nicht alle unbedingt das Gelbe vom Ei, aber trotzdem ist das Album eine runde Sache. „
Waterboys: „Eine Zwei für übergroße Langeweile.“
Twisted Sister: „Eine Drei. Ich denke, daß sie eine der besseren Heavy-Metal-Bands sind. Sound und Arrangements jedenfalls liegen über dem Durchschnitt.“
David Sylvian: „Das ist eine Drei, weil es sehr gut gespielt ist. Aber im Endeffekt erinnert mich die Musik zu sehr an Roxy Music, vor allem der Gesang.“
Murray Head: „Das ist nicht mehr als eine Eins. Mit dieser Musik kann ich nichts anfangen. Einfach zu destruktiv, als daß ich da zuhören möchte.“
Fiat Lux: „Eine Vier für die Live-Ausstrahlung in den Arrangements. Gute Songs, erstklassig aufgenommen.“
Nick Lowe: „Für meinen Geschmack nicht mehr als eine Eins. Eine Platte für die alte Rock-’n‘-Roll-Schule‘ – und das ist nicht gerade die Musik, die mich vom Stuhl reißt.“
Kajagoogoo: „Ein gutes Album, eine wirklich tolle Band, vor allem der Bassist. Eine runde Sechs!“
Silent Running: „Eine Eins für eine super-langweilige Platte! Ein Song klingt wie der andere.“
Roger Glover: „Seine Musik mag ich spontan fünf Punkte.“
Schlusselerlebnis: Wahrscheinlich das Open-air an der Berliner Mauer
Tiere: Meine Pferde und Katzen
Bestes Konzert: Saga in der Münchner Olympiahalle
Vorlieben: Viele
Abneigungen: Keine
Musiker: So ziemlich alle Mitglieder von Chicago und Toto
Maler: El Greco
Schriftsteller: Ich lese nicht viel
Film: Keine Zeit, um ins Kino zu gehen
Trinken: Deutsches Bier
Disco: Sugar-Shack in München
Hobbies: Wenn ich zuhause bin, meine Pferde, ansonsten: Musik
Erste LP: Ein frühes Album der Beatles
Wichtigste Einflüsse: Amerikanische Bands der Mitt-Sechziger
Pläne für die nähere Zukunft: Zunächst die Europa-Tournee beenden und dann auf ein paar Festivals spielen
Inspiration: Alles, was ich höre
Autos: Ich habe die alte Ausgabe des Mercedes 280 SL und einen sehr schönen Morgan 8.
Lieblings-Wohnort: Überall, am liebsten in Deutschland
Urlaubsziel: Schweiz
Sammelobjekte: Gitarren
Historische Persönlichkeit: Tschaikowsky
Welche Kunstfertigkeit würdest du gerne beherrschen: Fliegen
Worüber kannst du lachen: Über fast alles