Gemeingut


Eigentlich verbietet es die Moral, sich über Gesellschafts-Gruppen lustig zu machen, die — zumindest zahlenmäßig — weit unterlegen sind. Wenn aber gleich drei Minderheiten in einer Person vereint sind, ist’s auch schon egal. Als Vegetarier, Nichtraucher und Pop-Star in Personalunion ist Pauls Frau Linda McCartney ohnehin schon ein harter Brocken. Ungeachtet der Tatsache, daß Paules Vermögen im letzten Jahr die Milliarden-Pfund-Grenze überschritten hat, will Linda nun aber ihren militanten Fleisch-Entzug auch noch in bare Münze verwandeln — sie eröffnete in London das erste Lokal ihrer Vegeburger-Schnellfress-Kette „Linda’s“ mit einem herzhaften Biß in einen schlabbrigen Tofu-Burger. Nicht ohne Premierenpech — sie biß sich an einem Steinchen im Inneren des gerösteten Tofus eine Zahnplombe aus. Tapfer wehrte sie die Häme der lachenden Journalisten ab:

„Besser ein natürliches Kieselsteinchen in einem Vegeburger als ein Rattenschädel in einem Big Mac.“

Auch Soul-Schädel Stevie Wonder zeigte bei seinem letzten Trip nach London Sinn für Humor trotz aller Widrigkeiten des Lebens. Während der Promo-Reise zur Unterstützung seines musikalischen Beitrages für Spike Lees neuen Streifen „Jungle Fever“ feixte er auf die Frage, ob er als Blinder denn nicht Probleme habe, Soundtracks zu Filmen zu schreiben: ,Dusolltest’mich erst mal sehen, wenn ich an Stummfilmen arbeite * nicht ohne noch einen hinterherzuschieben: „Bistdu verklemmt? Schau mich gefälligst an, wenn du mit mir sprichst.“

Eine andere Lebenslüge wurde jetzt von der amerikanischen Rap-Crew 3rd Base entlarvt — im Video zur Single „Pop Goes The Weasel“ beweist Alt-Punker Henry Rolhns als Vanilla Ice-Lookalike, daß Vanilla entgegen früherer Behauptungen doch nicht als „armes Negerkind aufgewachsen“‚^. Wahr dagegen ist, daß Vanilla Ice immer ein kleines Tagebuch bei sich trägt, in dem er die Bettqualitäten seiner jeweiligen weiblichen Geschlechtspartner mit Punkt-Bewertung (1 — Pfannkuchen; 10 = Spitze) notiert. Nach einer gezielten Indiskretion durch einen Ice-Vertrauten ist es unserem Mann in New York gelungen, das Nummern-Werk kurz durchzublättern: keine Dame erreichte „9“ oder ,10″, den momentanen Spitzenplatz hält mit immerhin acht Punkten Madonna.

Einen Länderpunkt hat sich dagegen ME/ Sounds-Gerichtsfreund Thomas Anders verdient. Nachdem er bei der Plattenfirma die Masterbänder seines neuen Albums WHISPERS vorbeigebracht hatte, steigerte er sich derart ins Selbstvertrauen ob seiner musikalischen Potenz, daß er auf de-Heimweg seines 1: Partners gedach Er spendete zv… Zehnmark-Scheine bei Frau Clausen von der Heilsarmee, die gerade eine Sammlung für den „Dieter Bohlen-Gedächtnisfond“ durchführte.

Wer das für einen schlechten Witz hält, sollte im Juli mal in New York vorbeischauen. Dann eröffnet der Großmeister des schlechten Geschmacks, Arnold Schwarzenegger, sein eigenes Restaurant „Planet Hollywood“. Vollgestopft mit Original-Filmrequisiten wie Arnolds Plastikdouble aus „Terminator II“ oder James Deans Motorrad aus „Denn sie wissen nicht…“ wird in der von Adam Fürst (»Batman“) entworfenen Kneipe nur das gereicht, was er selber ißt—Spare-Ribsund Hühnchen mit Pommes.

I Wo kämen wir da hin, wenn alle gleich wären. Wir, die Journalisten stehen ganz unten, sie, die Doktoren ganz oben auf der Liste „Die angesehensten Berufe“. Doch halt — ein Generalist wie Kohl ziert seinen Namen mit dem „Dr.“, zehn Minuten vor dem Konzertbeginn darf nur „Der Doktor“ in der Garderobe der Toten Hosen sein und spätestens seit Charlie Browns Dauer-Frust an Lucies mobilen Psychotherapie-Kaufladen wissen wir, was der edle Titel in Wirklichkeit wert ist: Peanuts. Entsprechend gelassen nahm denn auch Mister Ethno Peter Gabriel die Nachricht auf, daß ihn die Londoner City-Universität zum Ehrendoktor der Musik ernennen wollte. Gabriel konterte die Ehrenrede des Dekans Sir Alexander Graham („… für ihre Verdienste um die musikalische Völkerverständigung mit dem Schwarzen Kontinent“) vor den versammelten Robenträgern trocken: „LordMayor, haben sie jemals mit einem Neger getanzt?“

Schwarzgeärgert hat sich im letzten Jahr dagegen die Mutter brüst der Pop-Welt, Brigitte Nielsen, ob der schlechten Arbeit ihres Silikon-Doktors: „Die Ärzte haben mir hoch und heilig versprochen, daß die Dingerein Leben lang halten“, grummeh das kunstvoll modellierte Ex-Schmusekissen von Sylvester Stallone, „aberschon nach eineinhalb Jahren waren meine Brüste huppelig wie eine Mondlandschaft. „Kein Wunder also, daß die 27jährige Dänin, die inzwischen mit Sohn Kilian (2) und Manager/ Freund Sebastian Copeland in Los Angeles lebt, bei ihrem dritten Karriere-Anlauf verschlossener wirkt — in „She Hulk“, eine Comic-Verfilmung, spielt sie wohlverpackt in Bluse und Sakko die Rolle einer verbrecheriagenden Rechtsanwältin.

Geschickt verpackt haben auch Van Haien den unanständigen Titel ihrer neuen LP. Hinter dem Namen „For Unlawful Carnal Knowledge“ verbirgt sich natürlich das zweitliebste Privatvergnügen des Saitenreißers Eddie: „Eigentlich wollten wir die Platte ,Golf nennen, aber es war schon schlimm genug, daß viele Bomberpiloten im Golf-Krieg unsere Hits bei den Kampfeinsätzen im Walkman gehört haben. Also einigten wir uns auf das Zweitschönste im Leben – RUCK.“

Was aber nicht heißen soll, daß Selbsthilfe immer der beste Weg zur Besserung ist. Unterstützung von außen kann ebenso wichtig sein, besonders, wenn es sich um so schwierige Fälle wie etwa Elton «lohn oder Ringo Starr handelt — der eine frißt zuviel, der andere hat keinen Plattenvertrag. Doch ihre Leidensphase ist nun zu Ende. Mit den Worten „Hallo, ich heiße Elton und ich fresse zu viel“ hatte sich John vor acht Monaten bei den „Anonymen Freßsüchtigen“ in Los Angeles vorgestellt, um seinem lebenslangen Übergewicht endlich beizukommen. Elton, der sich auf Reisen meistens dreimal hintereinander komplette Chinesen-Menüs aufs Zimmer hatte schicken lassen, fand in der Gruppentherapie mit Leidensgenossen das Heil: Er nahm 14 Kilo ab und wiegt nunmehr gesündere 161 Pfund. Trommel-Kollege Ringo ist genauso happy — er fand bei dem Westkusten-Label „Private Music“ (BMG) endlich eine Plattenfirma, die mit ihm weitere Solo-Alben machen will. Die ersten Tracks sind bereits mit Jeff Lynne auf dem Produzenten-Stuhl eingespielt worden. Mit stolzer Brust präsentierte er denn auch bei den „World Music Awards“ in Monte Carlo mit einem 50-Francs-Schein seine wiedergewonnene Kreditwürdigkeit: „Schaut mal alle hei — ich hab’endlich meinen Vorschuß bekommen!“